In Berlin und Köln bleiben DuMont-Onliner Mitarbeiter zweiter Klasse
Eine nennenswerte Frucht der laufenden „Digitalen Transformation“ bei der DuMont Mediengruppe wurde bislang nicht geboren. Im Hause DuMont sieht man die Transformation eher „als Prozess“. In diesem erblickten zu Jahresbeginn erneut zwei Tochtergesellschaften das Licht der Welt. Außerdem wird DuMont nach dem Rückzug des Heinen-Verlags künftig auch in Berlin und Hamburg wieder als Alleingesellschafter agieren.
In Berlin sind zum 1. Januar 2016 die Online-Redakteur_innen von „Berliner Kurier“ und „Berliner Zeitung“ in eine neugegründete Berlin Media 24 digital GmbH überführt worden. In Köln werden die Onliner von „Express“ und „Kölner Stadt-Anzeiger“ ab sofort in einer DuMont Rheinland Media 24 angesiedelt. Mitarbeiter_innen, die erst 2013 in die konzernweit agierenden Tochtergesellschaft DuMont Net ausgegliedert worden waren, sollen erklärtermaßen wieder näher an die Zeitungen herangeholt werden, für die sie arbeiten. Obwohl man nun auf „integrierte Redaktionen“ setzt und nicht mehr von Online- oder Print-, sondern von „Inhalte-Redakteuren“ spricht, bringt die Neuerung den Beschäftigten nicht nur in Berlin kaum Vorteile: Onliner bleiben „Mitarbeiter zweiter Klasse“, wie Renate Gensch, Betriebsratsvorsitzende des Berliner Verlages, bedauert. Da es sich bei dem neuerlichen Wechsel auch um keinen Betriebsübergang nach § 613a handelt, würden mit den Beschäftigten dreiseitige Verträge mit DuMont Net und Berlin Media 24 geschlossen. Die Bedingungen blieben weitgehend gleich. „Lediglich für Redakteure mit Zusatzvereinbarungen könnte dies möglicherweise einige Risiken bergen“, so die Betriebsratsvorsitzende. Besorgt sieht sie jedoch, dass die jüngste hauptstädtische Digital-Tochter wieder tariflos und zudem nicht direkt am Berliner Verlag, sondern an die Zeitungsholding angedockt ist, was die Strukturen zusätzlich verkompliziere. Der Betriebsrat geht zumindest davon aus, dass die Redaktionen von „Berliner Zeitung“ und des ausgegründeten „Berliner Kurier“ nach wie vor einen Gemeinschaftsbetrieb bilden. Bei der „Mitteldeutschen Zeitung“ in Halle sollen die Onliner direkt in die Muttergesellschaft zurückholt werden. Bei der „Hamburger Morgenpost“ waren sie nie ausgegliedert worden.
Unanständige Konditionen für Freie in Köln
In Köln geht der Start der tariflosen Rheinland Media 24 mit großen Verunsicherungen vor allem für zahlreiche Freie einher. Das Jahresend-Angebot, speziell Pauschalist_innen in eine Festanstellung zu übernehmen, schlug hohe Wellen. Denn Hintergrund sind offenbar Ermittlungen des Zolls zur Scheinselbständigkeit – auch bei DuMont Schauberg. In der Konzernzentrale spricht man deshalb davon, die Arbeitsverhältnisse auf eine „rechtssichere“ Grundlage stellen zu wollen, aber nicht mehr zahlen zu können. Die „individuellen Angebote“ für die festen Freien wurden auch auf einer überfüllten ver.di-Informationsveranstaltung Mitte Dezember 2015 als Zumutung bezeichnet: Bruttoeinkommen, die zum Teil unter 1900 Euro für einen Vollzeitjob betragen, Angebote, die 20 bis 30 Prozent unter den bisherigen Honoraren liegen, seien keine Einzelfälle. Die Verträge sollen auf ein Jahr befristet werden mit einer „branchenüblichen“ Probezeit von einem halben Jahr. „Meine Putzfrau verdient mehr“ und „Wieso müssen Journalistinnen und Journalisten, die alle schon Jahre im Verlag arbeiten, überhaupt noch eine Probezeit absolvieren?“, empörte sich deshalb eine Kölner Betriebsrätin. Einiges deutet darauf hin, dass in der Chefetage Solidarisierung der Freien befürchtet und bei den Vertragsverhandlungen nun partiell zurückgerudert wird.
Digitale Transformation für Beschäftigte absichern
Die erklärte Fortsetzung des Redaktionsprojektes Digitale Transformation 2016 hat die Betriebsräte in Berlin, Hamburg und Halle veranlasst, ihren Geschäftsführungen Entwürfe für Betriebsvereinbarungen zu Arbeitszeiten/Schichtplanung vorzulegen. „Mit der gleichberechtigten Produktion von Print und Online steigt der Aufwand in den Redaktionen und das Ende einer Geschichte hängt nicht mehr allein vom Andruck ab“, begründet Renate Gensch die Notwendigkeit, mehr für die Einhaltung von Arbeitszeiten zu sorgen. Die Interessenvertretung des Berliner Verlages will für die Beschäftigten mit einem „ehrgeizigen Programm“ von insgesamt vier Vereinbarungen mehr Sicherheit im Konzernumbau schaffen. Über das Redaktionsplanungstool „Desk-Net“ bei der „Berliner Zeitung“ wurde kurz vor Weihnachten noch Einigung erzielt. Da das web-basierte Tool auch über Konzernstandorte hinweg zu Themenplanung und Kooperation genutzt werden soll, pochte der Betriebsrat vor allem auf ein klares Weisungsrecht. Das ist nun gesichert: „Nur die Chefredaktion oder die jeweilige Ressortleitung der Berliner Zeitung“ seien befugt. „Niemand aus Köln oder Halle darf dies“, konstatiert der Betriebsrat. Gesichert sei etwa auch, dass das Tool nicht zur Leistung- und Verhaltenskontrolle genutzt werden darf.
Am 29. Dezember begannen am Berliner Alexanderplatz Verhandlungen über das Online-Redaktionssystem Core Media. Um die Arbeitszeit soll es nach Vorschlägen des Betriebsrates gleich Anfang Januar gehen. Und an einem Vereinbarungsentwurf zum Umgang mit sozialen Medien wird gearbeitet. Welche Pläne die DuMont-Mediengruppe im neuen Jahr mit ihren defizitären Berliner Marken verfolgt, liegt dagegen mehr im Vagen. Nachdem der Kölner Heinen-Verlag zum Jahreswechsel seine 35-Prozent-Anteile am Berliner Verlag und der „Hamburger Morgenpost“ abgestoßen hat, kann man hier künftig wieder allein schalten und walten. Zumindest „die Berliner Zeitung wollen wir erhalten“, so Isabella Neven DuMont kürzlich. Gleichzeitig prüfe man auf dem hauptstädtischen als einem der am härtesten umkämpften Medienmärkte die „Kooperationen mit anderen Tagszeitungen“.
(Aktualisiert am 05. Januar 2016)