Etikettenschwindel

Nordwest-Zeitung Oldenburg flieht aus der Tarifbindung

Die Nordwest-Zeitung (NWZ) in Oldenburg hat Ende Juli 2011 die Tarifbindung im Zeitungsverlegerverband beendet. Das Unternehmen will den OT-Status für schlechtere Arbeitsbedingungen nutzen.

ver.di lehnt diese Form der Tarifflucht ab. Mit dem Schritt in den OT-Status (OT heißt ohne Tarifbindung) geraten die Arbeitsbedingungen aller Beschäftigten in Gefahr. „Ein Verlag wie die NWZ, der ohne wirtschaftliche Not seit Jahren schon Tarifdumping durch Missbrauch der Leiharbeit betreibt, will sich nun komplett aus seinen tariflichen Pflichten lösen“, sagte Matthias von Fintel, ver.di-Tarifsekretär Medien. „So wie in anderen Verlagen fordern wir deshalb zum Schutz unserer Kolleginnen und Kollegen auch in Oldenburg eine Anerkennung der Flächentarifverträge.“
Der Verlag hat insgesamt etwa 400 Beschäftigte, davon etwa 80 Redakteurinnen und Redakteure sowie 20 Volontärinnen und Volontäre. Gegenwärtig werden 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Redaktion und Verlag über die Leiharbeitsfirma NWP unterhalb der für den Verlag bisher geltenden Flächentarife beschäftigt. Dazu zählen auch alle Volontäre.
Diese langjährige Leiharbeits-Praxis bezeichnet die Geschäftsführung neuerdings selbst als „Umweg“. Sie hat den Betriebsrat aufgefordert, ähnlich schlechte Arbeitsbedingungen für die bisherigen Leiharbeiter und Neueinsteiger in einer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber zu verabreden. Für diesen Fall wird den Leiharbeitern die Übernahme in den Verlag versprochen. Betriebsratsvorsitzender Ulrich Janßen spricht von „Etikettenschwindel, weil zwar der Leiharbeiter-Status entfällt, die Ungleichbehandlung aber bleibt.“
Die Geschäftsführung nennt als Grund für die Beendigung der Tarifbindung, dass es in den Flächentarifverhandlungen für die die Redakteurinnen und Redakteure „bedauerlicherweise“ nicht zu einem zweiten Tarifwerk kommt, das Neueinsteiger schlechter stellt.
Auch die Bremer Tageszeitung und jüngst der Schwarzwälder Bote haben sich aus der Tarifbindung gestohlen. Ein Grund mehr für die Beschäftigten dieser Blätter sich aktiv an den Streikaktionen zu beteiligen.

Eine Liste der OT-Betriebe

    wen

Weitere aktuelle Beiträge

Rechte Influencerinnen im Netz

Rechtextremismus und rechte Parolen verbinden viele Menschen automatisch mit testosterongesteuerten weißen Männern. Diese Zielgruppe füttert AfD-Politiker Maximilian Krah mit simplen Parolen wie: „Echte Männer sind rechts.“ Das kommt an bei Menschen, die im Laufe der Zeit irgendwann beim „Gestern“ stecken geblieben sind. Inzwischen verfangen solche rechten Klischees auch bei Frauen. Vor allem im Internet.
mehr »

Sicher ist sicher: Eigene Adressen sperren

Journalist*innen sind in den vergangenen Jahren vermehrt zum Ziel rechter Angriffe geworden. Die Zahl tätlicher Übergriffe erreichte 2024 einen Rekordwert, so eine aktuelle Studie des Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit (ECPMF) in Leipzig. Die Autoren benennen die extreme Rechte als strukturell größte Bedrohung für die Pressefreiheit. Einschüchterungen oder sogar körperliche Übergriffe geschehen mitunter direkt an der eigenen Haustür. Den damit verbundenen Eingriff in das Privatleben empfinden Betroffene als besonders belastend.
mehr »

Rechtes Rauschen im Blätterwald

Ob Neuerscheinungen, Zusammenlegungen, Relaunches oder altgediente rechte Verlage: Was die Periodika der Neuen Rechten, ihrer Parteien, Organisationen oder auch einflussreicher kleinerer Kreise anbetrifft, lässt sich gerade angesichts des rechtspopulistischen Aufschwungs der letzten etwa 20 Jahre viel Bewegung ausmachen.
mehr »

Rundfunkfinanzierung in der Sackgasse

Bisher war Einstimmigkeit gefordert, wenn es um rundfunkpolitische Fragen ging. Die Ministerpräsident*innen der Länder sollen gemeinsam agieren, zum Schutz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Kein einfaches Unterfangen, wenn es um das Thema Rundfunkfinanzierung geht. Dass diese Praxis nun überarbeitet wird, ist Ausdruck einer Krise – wenn nicht der Demokratie, dann doch zumindest der Rundfunkpolitik der Länder.
mehr »