Falsches Spiel mit der Versorgungskasse

Zeitungsverleger kündigen den Tarifvertrag über die Altersversorgung

Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) hat nach dem Manteltarifvertrag auch den Tarifvertrag über die Altersversorgung aufgekündigt. Er hat damit seine Drohung wahrgemacht, alle zugunsten der Redakteurinnen und Redakteure abgeschlossenen Tarifregelungen zur Disposition zu stellen.

Für die Öffentlichkeit hat der BDZV die Kündigung damit begründet, 1998 müsse der Tarifvertrag ohnehin wegen der sogenannten Ausfinanzierung der Versorgungskasse geändert werden. Die Versorgungskasse ist neben dem Versorgungswerk Teil der Presseversorgung. Die Ausfinanzierung ist aber keineswegs ein Automatismus, der zur Einstellung der Verlegerzahlungen führen muß. Ausfinanzierung heißt lediglich, daß genügend Mittel vorhanden sind, um die bestehenden Rentenansprüche aus früheren Zeiten zu decken. Was danach geschehen soll, steht jetzt schon im Tarifvertrag: Die Zahlungen sollen künftig in das Versorgungswerk erfolgen. Eine Kündigung macht also nur dann Sinn, wenn die Verleger die Beiträge einsparen wollen.

Verluste bis zu 150000 DM

Wenn die Zahlung der Verleger in die Versorgungskasse in Höhe von 2,5 Prozent der Redakteursgehälter ersatzlos wegfällt, sind alle Kolleginnen und Kollegen betroffen. Für eine heute 30jährige Redakteurin würde dies bis zum Ende des Arbeitslebens einen Verlust von rund 150000 DM an Beiträgen und Zinsen bedeuten – zusätzlich zu den Verschlechterungen bei der gesetzlichen Rentenversicherung. Übrig bliebe dann nur noch das Versorgungswerk, in das derzeit Redakteure und Verleger jeweils 2,5 Prozent einzahlen.

Mißbrauch der Altersversorgung als Verhandlungsmasse

Mit der Kündigung des Altersversorgungstarifvertrags hat der BDZV auch das letzte sozialpartnerschaftliche Element aus seinem Instrumentarium gestrichen. Die bislang gemeinsam vorangetriebene und verwaltete zusätzliche Altersversorgung soll als Verhandlungsmasse für die Auseinandersetzung über den ebenfalls von den Verlegern gekündigten Manteltarifvertrag mißbraucht werden.

Schlimmer noch: Der BDZV will kassieren, was ihm nicht zusteht. Bereits 1970 haben die Kolleginnen und Kollegen zugunsten der Versorgungskasse auf einen Prozentpunkt ihrer Gehaltserhöhungen verzichtet. Die Empörung der Redakteurinnen und Redakteure über den verlegerischen Taschenspielertrick zur Aushebelung der Versorgungskasse ist schon allein deshalb verständlich.

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Schutz vor zu viel Stress im Job

Immer weiter, immer schneller, immer innovativer – um im digitalen Wandel mithalten zu können, müssen einzelne Journalist*innen wie auch ganze Medienhäuser sich scheinbar ständig neu erfinden, die Belastungsgrenzen höher setzen, die Effizienz steigern. Der zunehmende Anteil und auch Erfolg von KI-basierten Produkten und Angeboten ist dabei nur das letzte Glied in der Kette einer noch nicht abgeschlossenen Transformation, deren Ausgang vollkommen unklar ist.
mehr »

Für eine Handvoll Dollar

Jahrzehntelang konnten sich Produktionsfirmen auf die Bereitschaft der Filmschaffenden zur Selbstausbeutung verlassen. Doch der Glanz ist verblasst. Die Arbeitsbedingungen am Set sind mit dem Wunsch vieler Menschen nach einer gesunden Work-Life-Balance nicht vereinbar. Nachwuchsmangel ist die Folge. Unternehmen wollen dieses Problem nun mit Hilfe verschiedener Initiativen lösen.
mehr »

Tarifverhandlungen für Zeitungsjournalist*innen

Bereits Ende Mai haben die Tarifverhandlungen zwischen der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di und dem Zeitungsverlegerverband BDZV begonnen. Darin kommen neben Gehalts- und Honorarforderungen erstmals auch Regelungen zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) zur Sprache.
mehr »

Für mehr Konfrontation

Die Wahlen zum EU-Parlament endeten – nicht unerwartet – in vielen Mitgliedsstaaten mit einem Rechtsruck. In Frankreich, Italien, Österreich, Belgien, den Niederlanden und anderswo wurden eher euroskeptische, nationalistische, migrationsfeindliche Kräfte der extremen Rechten gestärkt. Auch in Deutschland haben 16 Prozent der Bürger*innen, mehr als sechs Millionen Menschen für die rechtsextreme, völkische AfD gestimmt – trotz NS-Verharmlosungen, China-Spionage und Schmiergeldern aus Russland. Immerhin sorgte die große Protestwelle der letzten Monate, die vielen Demonstrationen für Demokratie dafür, dass die AfD-Ausbeute an den Wahlurnen nicht noch üppiger ausfiel. Noch Anfang…
mehr »