Kein Grund für Extrawürste

Verleger fordern Ausnahmen vom gesetzlichen Mindestlohn für Zeitungszusteller. Die Argumente sind nicht stichhaltig.

Zu teuer?

Wenn die Bezahlung der Zeitungsboten wegen des Mindestlohns um durchschnittlich 20 Prozent erhöht werden müsste, läge der Anteil der Zustellung an den Gesamtkosten der Zeitungsproduktion bei 13,7 Prozent – das wären gerade mal 2,3 Prozent mehr als jetzt.
Übrigens: Die Abo-Preise wurden seit 2007 im Westen um 20, im Osten um fast 30 Prozent erhöht. Wären die Einkommen der Zusteller entsprechend gestiegen, gäbe es in Sachen Mindestlohn viel geringeren Handlungsdruck.

Bloß ein Zuverdienst?

Auch Rentner und Minijobber arbeiten nicht als Zusteller, weil sie gerne nachts spazieren gehen. Oft kommen sie ohne den »Zusatzverdienst« schlicht nicht über die Runden.

Umrechnung unmöglich?

In vielen Branchen wird nach Menge bezahlt. Basierend auf der sogenannten Normalleistung kann der Stundenlohn auch für Zusteller errechnet werden. Die unterschiedlichen Bedingungen in den Zustellbezirken müssten einbezogen werden.

Eingriff in die Pressefreiheit?

Die Verleger argumentieren, Zeitungszustellung würde bei Einführung des Mindestlohns so teuer, dass sie in ländlichen Gebieten nicht mehr zu gewährleisten sei. Nicht nur mit Blick auf den Anteil der Zustell- an den Gesamtkosten ist das Unsinn. Hier wird in bloßem Gewinninteresse politischer Druck ausgeübt. Nach dieser Argumentation könnten wahlweise auch die Löhne der Drucker, Kosten für Papier und Nachrichtenagenturen oder die Lkw-Maut als „Gefährdung der Pressefreiheit“ deklariert werden. Das ist absurd!

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Inhalte brauchen Moderation

Theresa Lehmann ist Tiktok-Expertin bei der Amadeu Antonio Stiftung. Sie leitete das Modellprojekt pre:bunk, das zum Ziel hatte, Jugendliche mit Videoformaten zu Desinformation auf TikTok zu sensibilisieren. Mit M sprach sie über Regulierung, Verbote und Gefahren von Social Media.
mehr »

Die Newsfluencer kommen

In Deutschland vertraut eine Mehrheit der Menschen beim Nachrichtenkonsum in der digitalen Welt noch immer mehrheitlich auf klassische Medien. Das ist eine Erkenntnis aus einer im Oktober 2025 veröffentlichten Studie des Reuters Institute. Die britische Denkfabrik wollte herausbekommen, wie Menschen sich im Netz informieren. Dafür sind Personen in 24 Ländern befragt worden.
mehr »

Fakten, Fame und Follower

Im Netz dominiert mittlerweile der Content, den kommerzielle BigTech-Plattformen pushen. Er ist nicht mehr gebunden an eine „öffentliche Aufgabe“ von Journalismus, nämlich durch Information und Fakten zur Selbstverständigung der Gesellschaft beizutragen.
mehr »

Faktenbasiert, aufklärend, machtkritisch

Der Journalist Georg Restle ist seit 2012 Leiter und Moderator des Politmagazins Monitor in der ARD. Der studierte Jurist tritt für einen „werteorientierten Journalismus“ ein. Mit M sprach er über Fakenews, Fehlerkultur und journalistische Resilienz.
mehr »