Mindestlohn für Pseudo-Volontariat

Foto: pixabay

Eine junge Verlagsangestellte wehrte sich erfolgreich vor Gericht gegen die miese Bezahlung in ihrem „Volontariat“ und den Missbrauch des Mindestlohngesetzes. Bereits seit einiger Zeit breiten sich Pseudo-Volontariate in der Medienbranche aus. Unter diesem Deckmantel werden „Volontär_innen“ als normale Arbeitskraft eingesetzt, erhalten keine Ausbildung und werden häufig mit weniger als dem Mindestlohn abgespeist. Mit Hilfe von ver.di konnte im konkreten Fall eine Nachzahlung erreicht werden.

„Mit der Einführung des Mindestlohns wurden Ausbildungsverhältnisse vom Mindestlohngesetz ausgenommen – sehr oft liegt die monatliche Volontariats-Vergütung unter dem Mindestlohn. Wird unterhalb des Mindestlohns gezahlt, aber auch nicht ausgebildet, sondern die Volontärin bzw. der Volontär als ganz normale Arbeitskraft eingesetzt, liegt schlicht ein Missbrauch des Mindestlohngesetzes vor“, so die Bewertung von ver.di Hamburg und damit der Ausgangspunkt, der ehemaligen „Volontärin“, Mitglied bei ver.di und beim Netzwerk „Junge Verlagsmenschen“, Rechtsschutz zu gewähren.

Die frühere Volontärin hatte ihr Volontariat bei einem süddeutschen Buchverlag absolviert und Mindestlohn beim Arbeitgeber eingefordert – was dieser zurückgewiesen hatte. Vor dem Arbeitsgericht blieb der Verlag den Nachweis eines Ausbildungsverhältnisses schuldig. Ohne ein Urteil abzuwarten, hat nun der Verlag die Differenz zum Mindestlohn rückwirkend vollständig erstattet – und Zinsen obendrauf. Damit hatte sich ein Urteil erübrigt. Der Verlag muss die Kosten des Verfahrens tragen.

Das Verfahren wurde begleitet vom ver.di-Fachbereich Medien, Kunst und Industrie in Hamburg. Martin Dieckmann, Fachbereichsleiter, sagt dazu: „Das Beispiel unserer Kollegin zeigt, dass es sich lohnt, mit Unterstützung der Gewerkschaft gegen den Missbrauch des Mindestlohngesetzes durch angebliche Volontariate vorzugehen. Darüber hinaus sind aber branchenweite, verbindliche Regelungen erforderlich – wie sie beispielsweise im Journalismus gelten.“

 

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Buchtipp: Sprache des Kapitalismus

Über gendersensible Sprache läuft schon seit Jahren eine hochemotionale Debatte. In Bayerns Schulen, Hochschulen und Behörden gilt seit dem 1. April sogar ein Genderverbot. Über Begrifflichkeiten wie „steigende Preise“ oder Finanzkrisen, die wie ein „Tsunami“ über uns kommen, wird dagegen weniger gestritten. Sie beherrschen längst unser Denken und Sprechen, sind in unseren Alltag eingedrungen. Wer in diesem Wirtschaftssystem sozialisiert wurde, nutzt sie automatisch, ohne weiter darüber nachzudenken.
mehr »

Von Erbsensuppe und neuen Geschichten

„Vielfalt schützen, Freiheit sichern – 40 Jahre duale Medienordnung im föderalen Deutschland“. Dies war das Thema des Symposiums, das am 23.  April in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften stattfand. Ausrichter war die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM).  Teilnehmer waren Verantwortliche aus Medienpolitik und -wissenschaft, Rundfunkregulierung und Medienunternehmen.
mehr »

Preis für behinderte Medienschaffende

Zum zweiten Mal schreibt in diesem Jahr die gewerkschaftsnahe Otto Brenner Stiftung zwei Preise und Stipendien für Journalist*innen mit Behinderung aus. Damit soll „ein klares Signal für die Förderung von Diversität als unverzichtbaren Wert in unserer demokratischen Gesellschaft“ gesetzt werden, sagt Jupp Legrand, Geschäftsführer der Stiftung. 
mehr »

Italien: Neun Jahre Haft für Recherche?

Drei Reporter*innen der italienischen Tageszeitung Domani müssen mit bis zu neun Jahren Gefängnis rechnen. Die Staatsanwaltschaft Perugia ermittelt gegen sie, weil sie vertrauliche Dokumente von einem Beamten angefordert und erhalten und das Geheimhaltungsprinzip der Ermittlungen verletzt haben sollen. Die dju-Bundesvorsitzende Tina Groll kritisierte, dass „hier investigative Berichterstattung über Mitglieder der italienischen Regierung unterdrückt werden soll."
mehr »