Freie treffen sich zum ersten Ratschlag nach der ver.di-Fusion
Vernetzen, planen, durchstarten, diskutieren: Unter diesen Schlagworten in nicht wertender Reihenfolge trafen sich ehren- und hauptamtliche Aktive der Freien- und Selbständigenarbeit in ver.di zum ersten Ratschlag nach der Gewerkschaftsfusion, veranstaltet vom Referat für Freie und Selbständige in der Bundesverwaltung.
Die allermeisten Teilnehmer kamen aus der alten IG Medien, beziehungsweise dem Fachbereich 8, was kaum verwundert, weil nur dort auch schon vorher die Freienarbeit eine Struktur hatte. Über „Lust, Frust, Erfolge, Defizite und Perspektiven“ sollte berichtet und diskutiert werden, Arbeitsgruppen beschäftigten sich unter anderem mit „dem Blick über den Fachgruppen-Tellerrand“, Strategien zum Gewinn neuer Mitgliedergruppen, Auswegen aus der Leistungstretmühle bei zunehmender Leistungsverdichtung.
Mehr Vernetzung von Kompetenzen verlangt
„Freie sind keine verhinderten Arbeitnehmer, Selbständigkeit ist nicht die Billigalternative zu angestellter Arbeit und Selbständige gefährden auch keine Arbeitsplätze“: So griff Gerd Nies, stellvertretender ver.di-Vorsitzender und als solcher zuständig für Freie und Selbständige in ver.di, einige in den Gründungsgewerkschaften noch verbreitete Vorurteile auf. Man habe, so der frühere IG-Medien-Mann, inzwischen aber begriffen, dass gewerkschaftliche Strukturen für Freie in ver.di immer wichtiger würden: Dafür sprechen die Bundeskommission Freie und Selbständige und das Projekt mediafon, das nicht nur der Beratung dient, sondern auch der Vernetzung von Kompetenzen. Ver.di, so Nies, werde sich weiter für Freie und Selbständige öffnen müssen, insbesondere ihre Weiterbildungsangebote auf freienspezifische Bedürfnisse zuschneiden. Guter Wille ist in der Zentrale vorhanden, Offenheit durchaus auch, sich mit den ja auch interessanten „Exoten“ zu beschäftigten, so das Fazit der aktiven Ehrenamtlichen. Gleichzeitig wurde aber die immer noch zu intensive Beschäftigung von ver.di mit sich selber bemängelt, der Frust vieler Ehrenamtlicher vor Ort, die komplizierten Organisationsstrukturen nicht durchschauen zu können (inzwischen arbeitet in Berlin eine Organisationsstrukturkommission an der „Entrümpelung von Strukturen“). Immer noch scheint, so die Erfahrung vieler aktiver Freier, das Wissen im hauptamtlichen Apparat über die Einkommens- und Arbeitsbedingungen von freien Künstlerinnen oder Journalisten entschieden rudimentär zu sein.
Veronika Mirschel, in der Bundesverwaltung für Freie und Selbständige zuständig, will Vernetzungen zwischen den Fachbereichen schaffen, Verantwortlichkeiten für Freienprobleme sollten nicht, wie bislang beobachtet, schlicht an weitgehend anonyme und wenig transparente ver.di-Hierarchien abgetreten werden. „Es muss Freiräume geben, quer zu den Strukturen zu agieren.“ Bislang freilich weiß sie noch nicht einmal, wie viele Selbständige sich in welchen Fachbereichen verstecken, denn die selbständigen Mitglieder waren bis dato nur in der ehemaligen IG Medien als solche identifizierbar… Gunter Haake, in Berlin zuständig für mediafon: „Die Strukturen für Freie müssen bis in die Regionen ‚runtergebrochen’ werden.“ Zudem sei die Weiterbildung bislang wenig konzeptionell und ginge über die „Rechenaufgabe“, welche Bildungseinrichtungen geschlossen werden müssten, nicht hinaus. Was allerdings erfordert, dass die Freien auch deutlicher sagen, was sie für Bildung wollen.
Junge sind billiger
Dazu wurde es unter anderem konkret in der Arbeitsgruppe „Wenn die Puste nicht (mehr) reicht – Auswege aus der Leistungstretmühle“. Man ist gut, erfahren und teuer, Junge aber sind für die Auftraggeber „leichter lenkbar“ und billiger, so die Erfahrung von Freien jenseits der 40. Altersdiskriminierung ist konkret: Da wird einem Kollegen die Magazinmoderation genommen, weil er „zu alt klingt“. Älter werden als freie Journalistin oder Übersetzer, PR-Mann oder Jazzsängerin ist ein echtes Tabu: Es wird auch zwischen Kollegen schamvoll verschwiegen, dass man mal eine auftragslose Zeit zu überwinden hat oder einem der Stress einer aktuellen Reportage schlicht zu viel wird. Die Probleme Älterer sind nicht nur individuell, sondern auch eine Folge von Programmverflachung und vorgeblichem Sparzwang, die den Einsatz von hochqualifizierten und zu Recht anspruchsvollen Journalisten vermeintlich immer weniger erfordert. Allzeit leistungsbereite Reporter oder im Akkord arbeitende Übersetzerinnen, denen in den Verlagen inzwischen die Ansprechpartner abhanden kommen, wünschen sich von ver.di Coaching-Seminare, die Auswege aus der Tretmühle zeigen und haben selber etwas zu bieten, beispielsweise Mentoring-Programme, in denen sie ihren Erfahrungsschatz an Jüngere weitergeben.
mediafon
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Wer beispielsweise in folgenden Bereichen tätig ist, kann sich mit seinen Fragen an die Fachleute wenden: Journalismus, Fotografie, Film-Produktion, Grafik, Layout, Media-design, Multimedia, Musik, Literatur, Übersetzer, Bildende Kunst, Darstellende Kunst, Rundfunk.
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