Vergütungsregeln: Zeitung zur Nachzahlung von Honoraren verurteilt

Erstmals hat ein Landgericht die Vergütungsregeln an Tageszeitungen als Grundlage für angemessene Honorare genommen und den Verlag des Bonner General-Anzeigers zu beträchtlichen Nachzahlungen an zwei freie Journalisten verurteilt.

Das Landgericht Köln sprach einem Freien eine Honorarnachzahlung von knapp 10.600 Euro plus Zinsen für über 400 Zeitungsbeiträge von März 2009 bis Januar 2011 zu , für die er nur 25 Cent pro Zeile erhalten hatte (Az.: 28 O 695/11), meldete der DJV NRW, der die Klage beider Journalisten unterstützt hatte. Im anderen Fall wurde der Verlag zur Zahlung von gut 38.400 Euro plus Zinsen an einen Freien verurteilt, der in den Jahren 2008 und 2009 für seine Texte ein Zeilenhonorar von 21 Cent und für seine Fotos 20,45 Euro pro Bild bekommen hatte (Az.: 28 O 1129/11). Das sei „unangemessen niedrig“, urteilte das Gericht und hielt mehr als das Doppelte für angemessen, nämlich 56 Cent pro Zeile und 48 Euro pro Bild. Die Kölner Urteile vom 17. Juli 2013 sind allerdings noch nicht rechtskräftig.
Bemerkenswert an den Gerichtsentscheidungen ist noch weiteres: So werden die Vergütungsregeln als gerichtliche Messlatte für angemessene Honorare zugrunde gelegt für Zeiten, in denen sie noch nicht vereinbart waren. Die Vergütungsregeln für Tageszeitungen sind am 1. Februar 2010 in Kraft getreten, die für Fotohonorare am 1. Mai 2013. Für Bildhonorare zieht das Gericht allerdings auch den 12a-Tarifvertrag und die MFM-Empfehlungen heran.
Hätten beide Journalisten dieselbe Rechteübertragung wie in den Vergütungsregeln vereinbart, hätten sie sogar noch mehr Geld vom Gericht zugesprochen bekommen. Da nichts vereinbart war, gab es Abschläge. Es muss auch Fahrtkostenerstattung in Höhe von 30 Cent pro Kilometer nachgezahlt werden und der Verlag muss Auskunft über Nutzungen von Beiträgen durch die Beitragsdatenbank GENIOS geben.
Trotz der verbindlich vereinbarten Vergütungsregeln zahlen viele Verlage ihren freien Journalisten weiterhin ein viel geringeres Honorar. Auch hier wehrten die Freien sich erst, nachdem sie nicht mehr für den General-Anzeiger tätig waren. Das „Gerichtsurteil birgt Sprengkraft für Redaktions-Etats“, titelte das Nachrichtenportal newsroom.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Österreichs Rechte greift den ORF an

Eines muss man Herbert Kickl lassen – einen Hang zu griffigen Formulierungen hat er: „Die Systemparteien und die Systemmedien gehören zusammen, das ist wie bei siamesischen Zwillingen,“ sagte der FPÖ-Spitzenkandidat auf einer Wahlkampfveranstaltung im September. „Die einen, die Politiker, lügen wie gedruckt, und die anderen drucken die Lügen. Das ist die Arbeitsteilung in diesem System“. Seinen Zuhörenden legte Kickl mit seinen Worten vor allem eins nahe: Die rechte FPÖ könne dieses dubiose System zu Fall bringen oder zumindest von schädlichen Einflüssen befreien.
mehr »

Die Entstehung des ÖRR in Deutschland

Im Jahr 1945 strahlten die deutschen Radiosender Programme der Militärregierungen aus. Zum Beispiel Norddeutschland. Dort hatte der nationalsozialistische Reichssender Hamburg am 3. Mai seine Tätigkeit eingestellt. Nur wenige Stunden später besetzten britische Soldaten das Funkhaus und schon am 4. Mai erklang eine neue Ansage: „This is Radio Hamburg, a station of the Allied Military Government.”
mehr »

KI sitzt am Redaktionstisch

Erst vor wenigen Jahren hat ein Großteil der Menschen überhaupt erfahren, was Künstliche Intelligenz (KI) in der Praxis bedeutet. Genauer gesagt: Viele Menschen haben mit ChatGPT einen ersten Eindruck davon bekommen, wie Maschinen Texte formulieren, Prüfungsaufgaben in Sekundenbruchteilen lösen oder umfangreiche Artikel in wenigen Sekunden auf wesentliche Inhalte zusammenfassen. Auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zieht die generative KI seitdem ein.
mehr »

Klimajournalismus im Aufwind

Noch immer wird zu wenig über den Klimawandel und seine Folgen informiert. Daran tragen auch Medien eine Mitschuld. Das Netzwerk Klimajournalismus will  Klima-Wissen in die Redaktionen bringen und ermöglicht Austausch unter Journalist*innen und Medienschaffenden. Wir sprachen im M-Podcast mit Jürgen Döschner.
mehr »