Zeitungsverleger aus Wiesbaden und Mainz auf Tarifflucht

Die Verlagsgruppe Rhein-Main (VRM) mit Sitz in Mainz hat bei den Arbeitgeberverbänden der Zeitungsverleger für Hessen und Rheinland-Pfalz im Juni eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung, eine sogenannte OT-Mitgliedschaft beantragt. Damit hält sich keiner der großen Zeitungsverlage in Rheinland-Pfalz mehr an die einschlägigen Tarifverträge für Verlage und Redaktionen. In Hessen sind die Beschäftigten der beiden Wiesbadener Tageszeitungen Kurier und Tagblatt von der Tarifflucht der VRM betroffen.


Manfred Moos von ver.di Hessen sieht in der Tarifflucht einen „weiteren krassen Vertrauensbruch“ gegenüber der Belegschaft. Nach der Ausgliederung des Mainzer Druckbetriebes der VRM in das tariflose Druckzentrum Rhein-Main in Rüsselsheim sei der Wechsel des Verlags in die OT-Mitgliedschaft das klare Signal, dass die Beschäftigten nun auch für die Kosten des aktuellen Wandels vom klassischen Verlagshaus zum Content-Anbieter aufkommen sollen. Nach ver.di-Informationen sollen künftig durch niedrigere Gehälter und längere Arbeitszeiten bei den Beschäftigten mindestens 15 Prozent eingespart werden. Als besonders zynisch bezeichnet Manfred Moos den gewählten Zeitpunkt der Tarifflucht. „Gerade erst wurde die faktische Zusammenlegung der Redaktionen von Wiesbadener Kurier und Tagblatt vollzogen. Die Beschäftigten haben in diesem Prozess für einen weitgehend reibungslosen Ablauf gesorgt. Als Dank wird ihnen nun der Tarifschutz entzogen.“
ver.di Rheinland-Pfalz zeigte sich überrascht und bestürzt. Achim Schulze, Fachbereichsleiter Medien: „Vorsicht Überfall kann man da nur sagen. Ziel sind die Konten der Beschäftigten. Es ist aber auch eine Bankrotterklärung für die Zeitungsverleger insgesamt. Mit der Möglichkeit der OT-Mitgliedschaft hat sich der Arbeitgeberverband selber als Sozialpartner verabschiedet und kann sich in Zukunft darauf konzentrieren, Pressebälle zu organisieren.“

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Inhalte brauchen Moderation

Theresa Lehmann ist Tiktok-Expertin bei der Amadeu Antonio Stiftung. Sie leitete das Modellprojekt pre:bunk, das zum Ziel hatte, Jugendliche mit Videoformaten zu Desinformation auf TikTok zu sensibilisieren. Mit M sprach sie über Regulierung, Verbote und Gefahren von Social Media.
mehr »

Die Newsfluencer kommen

In Deutschland vertraut eine Mehrheit der Menschen beim Nachrichtenkonsum in der digitalen Welt noch immer mehrheitlich auf klassische Medien. Das ist eine Erkenntnis aus einer im Oktober 2025 veröffentlichten Studie des Reuters Institute. Die britische Denkfabrik wollte herausbekommen, wie Menschen sich im Netz informieren. Dafür sind Personen in 24 Ländern befragt worden.
mehr »

Fakten, Fame und Follower

Im Netz dominiert mittlerweile der Content, den kommerzielle BigTech-Plattformen pushen. Er ist nicht mehr gebunden an eine „öffentliche Aufgabe“ von Journalismus, nämlich durch Information und Fakten zur Selbstverständigung der Gesellschaft beizutragen.
mehr »

Faktenbasiert, aufklärend, machtkritisch

Der Journalist Georg Restle ist seit 2012 Leiter und Moderator des Politmagazins Monitor in der ARD. Der studierte Jurist tritt für einen „werteorientierten Journalismus“ ein. Mit M sprach er über Fakenews, Fehlerkultur und journalistische Resilienz.
mehr »