Zu wenig für Popcorn

Tarifverweigerung bei Cinestar – Beschäftigte im Streik

Die teuerste Popcorntüte im Dortmunder Kino Cinestar kostet 6,90 Euro. Das ist mehr als viele Beschäftigte, die das Popcorn verkaufen, in einer Stunde verdienen.

Der Stundenlohn für die Beschäftigten im Ticketverkauf, bei der Einlaßkontrolle und beim Gastronomieverkauf fängt bei 6,30 Euro an und steigt auch nach Ablauf der Probezeit nur auf 6,80 Euro.

„Das ist viel weniger als vergleichbare Kinounternehmen ihren Beschäftigten zahlen“, rügt der ver.di-Kino-Tarifsekretär Frank Schreckenberg. Einen Tarifvertrag für die Beschäftigten gibt es bei Cinestar nicht. Die Cinestar-Gruppe weigert sich als einziger deutscher Kino-Konzern, einen Tarifvertrag anzuwenden. Damit dies nicht so bleibt, entschlossen sich die gut 100 Beschäftigten gemeinsam mit ver.di, den Arbeitgeber, der insgesamt 73 Kinos in Deutschland betreibt, zu Haustarifverhandlungen aufzufordern.
Mitte Dezember letzten Jahres kam es in Hamburg zur ersten Verhandlungsrunde der Tarifparteien. Auf die Tarifforderungen von ver.di und den Beschäftigten wenigsten 8,50 Euro für die Beschäftigten und eine Anhebung der Stundenlöhne der Filmvorführer auf mindestens 10,20 Euro statt wie jetzt 9,00 Euro wollte sich die Arbeitgeberseite nicht einlassen. Sie bot lediglich eine am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens orientierte Einmalzahlung an. „Eine solche erfolgsabhängige Zahlung ist in Managementkreisen üblich, jedoch im Niedriglohnbereich völlig absurd“, fand Verhandlungsführer Schreckenberg und erklärte die Verhandlungen für gescheitert.
Seit Mitte Dezember wird gestreikt. An 27 Streiktagen waren bis zu 100 Beschäftigte vor der Tür, dazu kamen noch Kolleginnen und Kollegen vom Cinestar in Osnabrück, wo es seit Mitte November ebenfalls Streiks für einen Haustarifvertrag gibt. „Wir haben in Dortmund eine überragende Solidarität erlebt“, freut sich Thomas Winzberg – im Bundesvorstand der Fachgruppe Medien für den Kinobereich zuständig und Mitglied der Verhandlungskommission. Diese Solidarität gibt es nicht nur unter den Beschäftigten, auch die Dortmunder Kinobesucher, denen auf Flyern die Hintergründe für den Arbeitskampf erklärt werden, zeigen großes Verständnis für den Streik gegen Lohndumping.
Neben den Gehaltsforderungen sollen in dem Haustarifvertrag Zuschläge für die Überstunden (25%) und eine Jahressonderleistung in Höhe eines vollen 13. Monatsgehalts vereinbart werden. Außerdem soll es eine Besitzstandregelung geben. Und für den Fall, dass es im Cinestar Dortmund zu einer 100 prozentigen Digitalisierung kommen sollte, muss klar sein, dass dann über den Wegfall von Arbeitsplätzen der Filmvorführer ein zwingender Interessenausgleich und ein Sozialplan verhandelt wird.
Die Kinokette, an der unter anderem der australische Investor AHL beteiligt ist, hat nach inzwischen 27 Streiktagen keine Bewegung erkennen lassen. Von 2004 bis 2010 gab es für die Beschäftigten überhaupt keine Lohnerhöhung, für 2010 zwei und für 2011 drei Prozent Lohn mehr.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Rundfunkreform mit vielen Fragezeichen

Bis zuletzt hatten die öffentlich-rechtlichen Anstalten auf ein Ende der Blockade einer Beitragserhöhung durch die Ministerpräsidenten der Länder gehofft. Die Verweigerungshaltung der Politik ließ ihnen am Ende keine Wahl: Am 19. November kündigten ARD und ZDF eine Klage beim Bundesverfassungsgericht an, um ihren Anspruch auf die von der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) errechnete Empfehlung einer Beitragserhöhung um 58 Cent auf 18,94 Euro monatlich durchzusetzen.
mehr »

Altersdiskriminierung beim WDR?

Der WDR serviert freie Mitarbeiter*innen ab, die im Rentenalter für den Sender arbeiten wollen. Damit tut er genau das Gegenteil von dem, was in der öffentlichen Diskussion derzeit geraten wird. Während Angestellte sich also über Jahre hinweg auf einen Termin für ihren Ruhestand vorbereiten konnten, wird langjährigen freien Mitarbeiter*innen nun mit kurzer Frist mitgeteilt, wann für sie angeblich Schluss sein soll. Altersdiskriminierung will man beim WDR aber nicht erkennen – für den Sender gehe es vielmehr darum, jüngeren Mitarbeitenden nicht den Einstieg zu blockieren.
mehr »

Klimaprotest erreicht Abendprogramm

Am 20. August 2018, setzte sich die damals 15jährige Greta Thunberg mit dem Schild “Skolstrejk för Klimatet“ vor das Parlament in Stockholm. Das war die Geburtsstunde von Fridays for Future (FFF) – einer Bewegung, die nach ersten Medienberichten international schnell anwuchs. Drei Jahre zuvor hatte sich die Staatengemeinschaft auf der Pariser Klimakonferenz (COP 21) völkerrechtlich verbindlich darauf geeinigt, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen.
mehr »

ARD: Durchbruch in Tarifrunde

In dem seit Januar andauernden Tarifkonflikt in ARD-Rundfunkanstalten gibt es erste Verhandlungsergebnisse. Zum Wochenende hin konnte am Freitag (15. November) ein Ergebnis im SWR erreicht werden. Für ver.di ist das ausschlaggebende Ergebnis, dass neben sechs Prozent Tariferhöhungen in zwei Stufen über eine Laufzeit von 25 Monaten auch eine für mittlere und niedrige Tarifgruppen stärker wirkende jährliche Sonderzahlung so stark erhöht wurde, dass es nachhaltige Tarifsteigerungen zwischen sechs und über zehn Prozent gibt.
mehr »