News-Junkie versus Nachrichtenvermeider

Museum für Kommunikation Berlin / Vincent Villwock

Museum für Kommunikation Berlin / Vincent Villwock

Eine Sonderausstellung im Museum für Kommunikation Berlin gibt Einblicke in die Geschichte der Nachrichten und unser Verhältnis dazu. Nie war es leichter, sich über das Weltgeschehen zu informieren als heute. Nie gab es mehr Medien und Formate, über die wir jederzeit und überall Nachrichten abrufen können. Doch wie können wir uns in diesem Dschungel zurechtfinden? Wie können wir gute Nachrichten produzieren?

Mit dem allgegenwärtigen Smartphone steht uns ein leistungsfähiger Computer stets zur Verfügung. Diverse Apps verschaffen uns Zugang zu lokalen, regionalen, nationalen und internationalen Informationen. „Die erste große Frage dabei: Was wählen wir aus, wem vertrauen wir. Die zweite große Frage: Wie viel davon konsumieren wir“, so Dietrich Wolf Fenner, Leiter der Abteilung Ausstellungen im Berliner Museum für Kommunikation (MfK), bei der

Museum für Kommunikation Berlin / Vincent Villwock

Eröffnung der Ausstellung NACHRICHTEN – NEWS. Entstanden ist sie in Kooperation mit der Deutschen Presseagentur dpa, mit der Initiative #UseTheNews, der Medienanstalt Berlin-Brandenburg und der Berliner Landeszentrale für politische Bildung. Die auch für Medienprofis spannende Ausstellung richtet sich an Menschen ab zwölf. Jüngere Gäste können über eine Rallye und einen Museums-Comic ihre Medienkompetenz stärken.

Medienkompetenz und Nachrichtenkompetenz

Denn genau darum geht es: Medienkompetenz und Nachrichtenkompetenz zu vermitteln. Beides gehöre zur DNA des Museums, so Fenner. Eine gut informierte Gesellschaft sei die Basis unserer Demokratie. „Dass wir Nachrichten vertrauen können und auch wissen, von wem diese Nachrichten kommen, ist dabei ein wesentlicher Pfeiler. In der komplexen Informationsgesellschaft braucht es Orientierung. Die können wir als Museum liefern und Reflexionsraum zum Nachdenken über Nachrichten und ihre Bedeutung sein.“

Hannah Fiedler, wissenschaftliche Mitarbeiterin im MdK und Kuratorin der Ausstellung, erklärt ihren Ansatz:

„Wir wollen zeigen, welche Möglichkeiten wir haben, uns über das Weltgeschehen zu informieren und wie sie sich verändert haben. Außerdem möchten wir dazu anregen, über eigene Informationsgewohnheiten nachzudenken.“

Ziel sei es, die oft diffusen Gefühle, die durch die permanente Nachrichtenflut entstehen, greifbarer zu machen und neue Handlungsspielräume zu eröffnen. Was ist uns wichtig? Was halten wir für wahr? Wie wirken Nachrichten auf uns? In vielen interaktiven Stationen sind Ausstellungsgäste dazu eingeladen, individuelle Gewohnheiten, Bedürfnisse und Kenntnisse zu erkunden: Sie können etwa eigene Nachrichtenmeldungen tippen oder versuchen, Fakten von Fake zu unterscheiden.

Schätze aus dem dpa-Fundus

Eine Collage von Pressefotos, Schlagzeilen und Nachrichten-Jingles aus dem in 75 Jahren prall gefüllten dpa-Fundus bildet den Auftakt der Ausstellung. Schon allein dieser macht einen Besuch lohnend, bietet er doch ein Wiedersehen mit Nachrichtenereignissen, die sich tief in unser kollektives Gedächtnis eingegraben haben: etwa das Wunder von Bern, die Kennedy-Rede vor dem Schöneberger Rathaus, der jubelnde Boris Becker in Wimbledon, der Mauerfall oder der Irak-Krieg.

Museum für Kommunikation Berlin / Vincent Villwock

Wissenschaftlich-statistische Erkenntnisse zur Nutzung von Nachrichten und die Frage „Wie geht´s Dir mit Nachrichten“ laden Besucher*innen zur Selbsterkundung ein; in einer Audio-Installation geben Befragte ihre persönlichen Haltungen zu Nachrichten preis. Deutlich wird, dass bei der Nachrichtenwahrnehmung eigene Erfahrungen, Werte und die aktuelle Lebenssituation eine ebenso wichtige Rolle spielen wie die Nachricht selbst. Auffällig ist, wie oft Menschen in ihren Statements angeben, Nachrichten aktiv zu vermeiden.

Vom Flugblatt bis zur Echtzeitberichterstattung

Der zweite Ausstellungsbereich zeichnet die historische Entwicklung der Nachrichtenvermittlung nach – von den ersten Flugblättern bis zur modernen Echtzeitberichterstattung. Sicherlich als Folge der Kooperation mit der dpa nehmen dabei Nachrichtenagenturen viel Raum ein. Veranschaulicht wird, wie Nachrichtenagenturen an ihre Informationen kommen und wie sie entscheiden, welches Ereignis zur Nachricht wird.

Ein weiterer Schwerpunkt der Ausstellung richtet sich auf die Journalist*innen als Produzent*innen von Nachrichten. Im besten Fall sind sie handwerklich geschult und auf den kritischen Umgang mit Quellen und Informationen spezialisiert. Aber sie sind heute neben digitalen Kanälen und nutzer*innengeneriertem Content nur eine Stimme von vielen. Um zu demonstrieren, wie Journalist*innen den Wahrheitsgehalt von Meldungen prüfen, können sich Besucher*innen selbst an ein Fact-Checking wagen.

 Neue Ideen für Nachrichtenjournalismus

Die letzte Station präsentiert neue Ideen für den Nachrichtenjournalismus – mit vielen jungen und frischen Nachrichtenformaten, die die Medienkonsument*innen von heute ansprechen wollen. Ähnlich wie bei einer Dating-App können die Besucher*innen in einem „Media Match“ das für sie individuell passende Format wählen. Sie erfahren, welche Werte und Inhalte beispielsweise die „News-WG“ vom Bayerischen Rundfunk, die „migratöchter“ auf Instagram oder „doktordab“ (ebenfalls Instagram) vermitteln. Zusammengestellt wurden die Formate von den „NewZees“, einer Gruppe junger Medieninteressierter, im Rahmen der Initiative #UseTheNews.

Am Ende bleibt eine Erkenntnis prägend, festgehalten auf einer der Ausstellungstafeln: „Wir können nicht verhindern, dass es schlechte Nachrichten gibt. Aber wir können darauf Wert legen, dass wir guten Nachrichtenjournalismus haben, der uns unabhängig und umfassend informiert. Keine Nachrichten sind auch keine Lösung.“


Die Ausstellung NACHRICHTEN – NEWS läuft bis 7. September 2025 im Museum für Kommunikation Berlin. Ein digitaler Einblick in die Ausstellung ist ebenfalls möglich. Außerdem wird ein umfangreiches Begleitprogramm mit Führungen und Veranstaltungen für Erwachsene, Kinder und Schulklassen angeboten.

 

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