Neue Website für den Faktencheck

Das EDMO-Netzwerk deckt alle Mitgliedsstaaten der EU und Norwegen ab. Abbildung: GADMO

Seit heute Morgen gibt es eine neue Seite zum Faktencheck: GADMO, das German-Austrian Digital Media Observatory. GADMO ist der deutschsprachige Arm, Hub genannt, des von der Europäischen Union geförderten Projekts EDMO, European Digital Media Observatory mit 14 Hubs in allen Ländern der EU und in Norwegen. Die neue Website bietet gemeinsame Recherchen sowie die der einzelnen Partner und ein mit Schlagworten versehenes Archiv. Dazu kommen künftig Tipps zu Medienkompetenz, Forschung und Veranstaltungen.

In dieser Kooperation von Journalismus und Wissenschaft arbeiten die Nachrichtenagenturen Deutsche Presse-Agentur (dpa), Agence France Presse (AFP) und Austria Presse Agentur (APA) zusammen mit den Faktencheckern von CORRECTIV, dem Institut für Journalistik der TU Dortmund und dem Austrian Institute of Technology (AIT). Dabei haben die Nachrichtenagenturen eigene Faktencheck- oder Medienkompetenzabteilungen aufgebaut, wie etwa „UseTheNews“ für junge Leute bei der dpa. Für AFP ist es im EDMO-Kontext bereits der achte Hub, an dem die französische, international arbeitende Nachrichtenagentur beteiligt ist. Alle Faktenchecker in der GADMO-Kooperation sind vom International Fact-Checking Network (IFCN) zertifiziert (mehr zum IFCN und zu verschiedenen Faktenchecks auf der dju-Website „Faktencheck“).

Rund 100 neue Faktenchecks pro Monat ist das Ziel von GADMO, erklärt Christina Elmer, Professorin am Institut für Journalistik in Dortmund. Neben der wissenschaftlichen Begleitung des Faktencheckings will GADMO auch Seminare und Veranstaltungen zur Medienkompetenz entwickeln. Außer den gemeinsamen Recherchen sollen auf der Internetseite auch weiterhin die unabhängig voneinander durchgeführten Faktenchecks der Partner zu finden sein, so, wie jetzt schon im Archiv. Zu einem Thema können also mehrere Checks auf der GADMO-Seite stehen. Über Whatsapp können Bürger*innen bei den Faktencheckern von dpa, AFP und CORRECTIV auch um Aufklärung über zweifelhafte Berichte bitten und haben dann die Möglichkeit zum Vergleich der Ergebnisse bei GADMO.

Für Teresa Dapp, Leiterin der Faktencheck-Redaktion bei der dpa, entsteht auf GADMO „das größte organisationsübergreifende deutschsprachige Faktencheck-Archiv“.  Sie meint: „Für uns als Faktenchecker ist diese enge Zusammenarbeit im Netzwerk noch relativ neu“, aber sehr begrüßenswert. Martin Boyer vom AIT, der an digitaler Sicherheit und neuen Tools zum Erkennen von Fakes arbeitet, ist es als Mitglied eines Instituts für angewandte Wissenschaft besonders wertvoll, in diesem Netzwerk mit den Expert*innen aus der Praxis zusammenarbeiten zu können.

Yacine le Forestier von AFP unterstrich die Bedeutung gerade des deutschsprachigen Hubs im europäischen Faktencheck-Netzwerk, denn die Analyse der EU habe Deutschland als größtes Ziel von Desinformationen in der EU ausgemacht. Seit dem Einmarsch in die Ukraine hätten die russischen Aktivitäten zur Beeinflussung der deutschen Öffentlichkeit noch mal zugenommen. Für ihn ist es in dieser Kooperation besonders wichtig, dass Journalist*innen und Wissenschaftler*innen voneinander lernen, um die Dynamik und Herkunft von Fake-News-Kampagnen zu entschlüsseln und neue Tools zur Aufdeckung zu entwickeln. Die Förderung der EU mache dabei mehr Aktivitäten möglich, als die Nachrichtenagenturen aus eigenen Ressourcen abdecken könnten.

Für CORRECTIV mit seiner Bürgerakademie ist die Befähigung der Nutzer*innen, sich in der schnellen Medienlandschaft zurechtzufinden, ein besonderes Anliegen, erklärte Florian Löffler und kündigte Kampagnen und Veranstaltungen in Deutschland und Österreich an samt eines Medienfestivals in Bonn. Nähere Informationen gebe es demnächst auf der CORRECTIV-Seite.

Auf die Frage, wie Fakten von Meinungen zu trennen seien, antwortete Dapp (dpa), dass sie darüber oft „stundenlang“ diskutierten, was ein Faktencheck leisten könne und wo er richtig eingesetzt sei. Auch Meinungen könnten aber Tatsachenbehauptungen beinhalten. Die Abgrenzung sei oft schwierig. Isabell Wirth von AFP betonte, dass die hier zusammengeschlossenen Organisationen nach strikten Vorgaben arbeiteten und im Zweifel auch immer Gründlichkeit vor Schnelligkeit gehe.

Florian Schmidt von der APA räumte ein, dass „heute manches als Faktencheck gelabelt“ werde, „weil es sich gut macht. Das werden Sie bei uns nicht finden,“ zeigte er sich überzeugt. Bei wissenschaftlichen Thesen und Gegenthesen, wie sie gerade in der Corona-Zeit aufeinander stießen, sollten natürlich beide Seiten beachtet werden. Aber es dürfe auch nicht zu einem „False Balancing“ kommen, wenn eine Einzelmeinung gegen den überwiegenden Teil der Forschung zu stark aufgewertet werde. Manchmal würden Zahlen aus Studien auch in einer Weise interpretiert, die von den Verfasser*innen auf Nachfrage als unhaltbar abgelehnt werden, berichtete Uschi Jonas, Leiterin des CORRECTIV-Faktenchecks, als Erfahrung aus der Pandemie.

Was tun, wenn Faktenchecks falsche Ergebnisse liefern und hiermit Menschen kompromittiert werden? CORRECTIV mache solche Irrtümer transparent, versicherte Jonas. Kommt der Hinweis von Nutzer*innen, so werde darauf explizit Bezug genommen. Möglichkeiten zum Einspruch gebe es direkt bei den Faktencheck-Redaktionen, sogar bei der IFCN. Ganz transparent mit Fehlern beim Faktencheck umzugehen sei besonders wichtig, um der Vertrauenskrise gegenüber den Medien entgegenzuwirken, sagte Christian Kneil von der APA-Chefredaktion. Sei sich die Faktencheck-Redaktion aber ganz sicher in ihrem Urteil, dann verweise man die Beschwerdeführer*innen auf den Klageweg.

 

 

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