Hände weg vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk!

Nach vorangegangenen Mahnwachen und Protesten fanden sich zum ARD-Intendantentreffen am 16. September in Berlin bereits zum sechsten Male Demonstranten in eigener und öffentlicher Sache ein. Der politisch vorgegebene Abbau des Finanzausgleichs innerhalb der ARD bedroht speziell die kleinen Sender.

Für Radio Bremen verursache er bis 2006 Etatkürzungen um ein Drittel. Es sei mit einem Stellenabbau von 534 auf 400 zu rechnen. Ein Vorhaben zur Gründung eines eigenständigen reinen Produktionszentrums werde die Kernbelegschaft womöglich auf weniger als 250 Mitarbeiter schrumpfen lassen, erläuterte Monika Grüning, Vorsitzende des ver.di-Betriebsverbandes bei Radio Bremen. Bislang gebe es keinen Sozialplan und keine Zusicherung, betriebsbedingte Kündigungen auszuschließen. Beim Saarländischen Rundfunk, so ihr Amtskollege Michael Steinmetz aus Saarbrücken, stehe ein Arbeitsplatzabbau von jetzt 730 auf etwa 550 Stellen bevor. Wegen verordneter Einsparungen und der Verteuerung der Sendelizenzen müsse mittelfristig von einer Kürzung der Programmmittel um ca. 30 Prozent ausgegangen werden, das beträfe auch Honorarmittel für freie Mitarbeiter. Erstmals beteiligten sich am Protest auch in ver.di organisierte Rundfunkbeschäftigte, die muttersprachliche Ausländerprogramme der ARD produzieren.

Fanny Atheras, Redakteurin in der griechischen Redaktion des Bayerischen Rundfunks, forderte dringlich den Erhalt dieser Programme, die eine integrationsfördernde Wirkung ausübten und dem öffentlich-rechtlichen Grundversorgungsauftrag entsprächen. Bei einem Wegfall seien allein bei ihrem Sender 38 freie und drei feste Arbeitsplätze bedroht.

Einmalige Strukturhilfen

Strukturhilfen für Radio Bremen und den Saarländischen Rundfunk müssten, so trugen es ver.di-Bundesvorstandsmitglied Frank Werneke und Klaus-Peter Hellmich, Fachgruppenvorsitzender Rundfunk/Film/AV-Medien am SFB-Eingang den Intendanten vor, „vor allem zur sozialen Absicherung und Qualifizierung der Beschäftigten“ eingesetzt werden. Denn von ihrer Kompetenz werde es abhängen, „ob öffentlich-rechtlicher Rundfunk in beiden Regionen eine Überlebenschance hat“. ARD-Vorsitzender Fritz Pleitgen versicherte, dass man diese Sorgen „sehr ernst“ nähme und eine „Verpflichtung“ der ARD sähe, den betroffenen Sendern zu helfen. Zur Erhaltung muttersprachlicher Ausländerprogramme werde intensiv nach Wegen gesucht. Angesichts der „Situation in der deutschen Medienlandschaft“ werde es jedoch immer schwerer, „Härten zu vermeiden“.

Am 17. September beschlossen die Intendanten einmalige Strukturhilfen von 64 Millionen Euro für Radio Bremen und 32 Millionen Euro für den Saarländischen Rundfunk. Die Personal- und Betriebsratsvorsitzenden der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten fordern, diese Mittel so einzusetzen, dass betriebsbedingte Kündigungen und Auslagerungen, die Tarifflucht zur Folge haben, auf Dauer ausgeschlossen sind. Sie kritisieren in einem Offenen Brief den zunehmenden Abbau von Beschäftigten- und Mitbestimmungsrechten in ARD-Anstalten. Er bedrohe „die innere und äußere Rundfunkfreiheit“.

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