BGAG sucht Partner oder Käufer
Die Beteiligungsgesellschaft der Gewerkschaften AG (BGAG), Frankfurt, will das Traditionsunternehmen Büchergilde Gutenberg (BG) verkaufen oder schließen. Vom Bund-Verlag erwartet sie „schon in absehbarer Zeit wieder nachhaltige Erträge“.
Der Aufsichtsrat der BGAG staunte nicht schlecht. Per Tischvorlage sollte er am 4. Juli dem Verkauf der Büchergilde zustimmen. Der Vorstand setzte sich durch, sein Coup gelang: Der Aufsichtsrat gab – wenn auch erst nach kurzer, heftiger Diskussion – seinen Segen. Zuletzt deshalb, weil die Belegschaft des renommierten Buchclubs keinen Widerstand leistete; sie erwartet von einer neuen, professionellen Verlagsführung nur Besserung.
Denn einen Verleger hat die Gilde, 1924 von Buchdruckern in Leipzig gegründet, schon lange nicht mehr an ihrer Spitze gesehen. Daß sie, erstaunlich genug, dennoch ihren guten Ruf bewahren konnte, verdankt sie ihren Lektoren und Herstellern. Vielleicht stimmt’s ja, daß ein fähiger Geschäftsführer nichts von den Produkten verstehen muß, die er verkaufen soll. Schaden kann’s aber nicht.
Die Managementholding BGAG, seit 1980 an der Büchergilde beteiligt, seit 1994 alleinverantwortlich, hatte bislang keine glückliche Hand im Umgang mit der BG. Die Partnerschaft mit dem Hamburger Verlag Hoffmann und Campe ging daneben, weil – so sieht’s jedenfalls die BGAG – die Gewerkschaften nur eine Minderheitenbeteiligung der Hamburger am gewerkschaftlichen Buchclub erlaubten. Und für das Scheitern der Liaison mit der Berliner Weihönig & Partner – ihr verkaufte die BGAG die Gildeläden – fühlt man sich in Frankfurt auch nicht verantwortlich; man sei, heißt es, über die Solidität Weihönigs getäuscht worden.
Am 10. Juli hat die BGAG nun „einen externen Vermittler eingeschaltet“, der jetzt einen Partner oder Käufer für die Gilde finden soll. Die BGAG will den Buchclub (120 Beschäftigte, 160000 Mitglieder, 26 Millionen DM Umsatz) zumindest mehrheitlich, am liebsten ganz loswerden. Der Name Büchergilde Gutenberg soll erhalten bleiben, ebenso das Buchprogramm, „möglichst auch“ die Arbeitsplätze. Über den Preis redet niemand laut; es heißt nur, man habe „nichts zu verschenken“. Die Gilde trage keine Altlasten mehr, defizitär sei nur die Ladenkette, und der Verlustvortrag von 40 Millionen DM sei – dank Steuerentlastung – acht Millionen DM wert. Zugeknöpft reagiert die BGAG auf die Frage, was denn passiere, wenn sich weder ein Partner noch ein Käufer für die Bügi finde. Dann müsse man sich „anderswie trennen“. Falls bis Jahresende niemand gefunden wird, soll der Aufsichtsrat das Schicksal der Büchergemeinschaft beschließen.
„Einmal muß Schluß sein“, argumentierte der neue BGAG-Chef Rolf-J. Freyberg beim Pressegespräch über die Jahresbilanz ’96. 74 Millionen DM hätten die BGAG-Anteilseigner – der DGB und seine Gewerkschaften – seit 1980 in die Gilde gesteckt. In eine Buchgemeinschaft, die wohl nicht einmal zur Hälfte gewerkschaftlich organisiert sei. Die Philosophie der Holding lautet, so ihr Chef: „Für uns steht an erster Stelle die Aufgabe, die BGAG in die Lage zu versetzen, ihr Eigenkapital angemessen und nachhaltig zu verzinsen.“ So buchstabiert die BGAG das kleine 1×1 des Shareholder-value.
Bund-Verlag auf dem Weg nach Frankfurt
Die arg gebeutelte Kölner Gilde-Tochter Bund-Verlag wird von der BGAG gekauft – und soll am neuen Standort Frankfurt wieder auferstehen. Seit dem Verkauf des Verlags vom DGB an die Büchergilde 1994 ist das Unternehmen von einem politischen in einen reinen Fachverlag für Arbeits- und Sozialrecht umgemodelt, sind die meisten Abteilungen an die Gilde oder deren Tochter Buch & Mehr Direkt verkauft oder stillgelegt und ausgegründet, ist die Zahl der Beschäftigten von 72 auf 38 halbiert worden. Der Rest des Verlags – bis auf ein paar Redaktionen – zieht bis Jahresende nach Frankfurt um, unters Dach der Union Druckerei. Die Salami-Taktik des Geschäftsführers Erich Hensler ist aufgegangen. Betriebsrat, Belegschaft und IG Medien haben sie trotz öffentlicher Proteste nicht durchkreuzen können. Ob sie auch rechnerisch aufgeht, das heißt sich wirtschaftlich gelohnt hat, darf bezweifelt werden. Der kaufmännische Verlagsleiter Peter Schmitz jedenfalls hat’s getan – und ist gefeuert worden.