Folter für Satire im Netz

Zouhair Yahyaoui aus Tunesien muss zwei Jahre hinter Gitter

„Was ist Tunesien? Eine Republik? Ein Königreich? Ein Zoo? Oder ein Gefängnis?“ Für diese satirische Anspielung auf das diktatorische Regime des seit 1987 amtierenden Präsidenten Zine el-Abidine Ben Ali auf seiner Internetseite TUNeZINE (www.tunezine.com) wurde Zouhair Yahyaoui (Foto) dreimal an den hinter dem Rücken gefesselten Handgelenken aufgehängt, seine Füße berührten kaum den Boden. Danach gab er das Passwort preis, mittels dessen die fragliche Interseite entfernt wurde. Und sie kostet ihn zwei Jahre seiner Freiheit.

Er habe den Präsidenten „lächerlich gemacht“ und wurde so wegen „Verbreitung von Falschmeldungen“ sowie „betrügerischer Nutzung von Kommunikationsmitteln“ eine Woche nach seiner Verhaftung zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Seine Anwälte durften ihn weder besuchen, noch erhielten sie Einsicht in die Prozessakten.

Zouhair Yahyaoui, der die Webseite im Juli 2001 eingerichtet hatte, wurde bekannt, weil er den Offenen Brief von Richter Mokhtar Yahyaoui an den Staatschef ins Internet gestellt hatte. Der Richter, sein Onkel, beklagte darin das völlige Fehlen einer unabhängigen Justiz in Tunesien. Von da an nahmen ihn die Behörden ins Visier, doch alle Zensurversuche fruchteten wenig: Die Seite wurde gerade wegen ihrer Unverfrorenheit und des satirischen Talents ihrers Schöpfers im In- und Ausland und vor allem bei den Jüngeren zunehmend beliebter.

Reporter ohne Grenzen
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