Eindrucksvolle Demonstration in Berlin nahm rot-grüne Politik ins Visier
Die Regierung übte sich in Nichtbeachtung. Der DGB hatte nicht daran geglaubt – Proteste gegen die rot-grüne Sozialpolitik seien „nicht besonders aussichtsreich“, meinte Gewerkschaftschef Sommer. Sogar die Organisatoren – vom Globalisierungsgegner-Bündnis attac über den ver.di-Landesverband Berlin, die PDS bis zu verschiedenen anderen linken Initiativen aus dem gesamten Bundesgebiet – die 20.000 Teilnehmer angemeldet hatten, erhielten eine Lektion Optimismus gelehrt.
Und die Kommentatoren, die in Berichten überwiegend ältere Frauen im Demonstrationszug ausmachten und von Nachhutgefechten einer verlorenen Schlacht sprachen, wurden allein durch die Bilder des Zuges zwischen Alexanderplatz und Gendarmenmarkt berichtigt: Protest ist möglich. Protest hat eine Basis. Er kommt spät, aber im Empfinden der Teilnehmer nicht zu spät: Die „Demonstration gegen den sozialen Kahlschlag“ am 1. November brachte trotz verkaufsoffenem Wochenende und Nieselregen 100.000 Menschen auf die Beine. Und die zumeist selbst gefertigten Texte auf Transparenten und Tafeln zeugten von bitterer Ironie und Wut.
Bissig wurden die SPD, Kanzler Schröder, speziell aber Agenda 2010, Hartz und Rürup sowie die Gesundheitsreform ins Visier genommen. Das „gigantischste Verarmungsprogramm“, das dieses Land je durch eine Regierung gesehen habe, prangerten Ilona Plattner vom attac-Koordinierungskreis an und rief den Teilnehmern der Abschlusskundgebung unter Beifall zu „Wir holen uns die Selbstbestimmung über unsere Zukunft zurück. Wir sind überall, wir sind viele und wir kommen wieder.“ Zumindest an dieser Stelle sollten dem ver.di-Bundesvorstand die Ohren geklungen haben.