Reporter ohne Grenzen macht zum 10. Jubiläum auf Situation in China und Russland aufmerksam
Im Juni 1994 starteten 50 Gründungsaktivisten die deutsche Sektion von „Reporters sans Frontières“. Die Freiheit zu informieren und informiert zu werden schreibt die Organisation auf ihre Fahnen. Sie startet mit Enthusiasmus und einem Schreibtisch in der Redaktion der „tageszeitung“. Inzwischen hat „Reporter ohne Grenzen“ (RoG) bundesweit mehrere Hundert Mitglieder, ist selbst Mitglied im Forum Menschenrechte, aber auch international angesehen, vergibt Preise. Eines ist geblieben: Es gibt immer noch mehr zu tun als Kräfte und Mittel zulassen. «M» sprach zum Jubiläum mit Michael Rediske, Vorstandssprecher der deutschen Sektion.
«M»: Zehn Jahre Reporter ohne Grenzen in Deutschland – ein Grund zum Feiern?
Michael Rediske: Für eine Menschenrechtsorganisation, die sich mit so problematischen Themen wie verhafteten, verschleppten oder getöteten Journalisten auseinandersetzt, ist es eher schwierig zu jubeln. Trotzdem haben wir Grund, stolz zu sein, dass wir es geschafft haben, uns im Kreise der Nichtregierungsorganisationen zu etablieren. Das Problem des Schutzes von Journalisten in ihrem Beruf ist mehr ins Bewusstsein gerückt. Wir leisten eine wichtige Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit, für die es nicht einfach ist, das Geld zu bekommen, weil sich Unterstützer damit nicht unbedingt schmücken können. Was wir machen, gleicht schon einer Art Sisyphus-Arbeit. Denn Regierungen – diktatorische ohnehin, aber auch demokratische – tendieren dahin, das Recht auf Meinungsfreiheit einzuschränken, wo es der Festigung ihrer Macht oder auch nur der Wiederwahl nutzt. Deshalb ist es schwierig, von dauerhaften Fortschritten zu reden.
«M»: Die Bilanz, die regelmäßig zum Internationalen Tag der Pressefreiheit am 3. Mai herausgegeben wird, ist in der Regel alarmierend. Auch diesmal?
Michael Rediske:
Der Irak ist zurzeit das gefährlichste Land für Journalisten, seit Beginn des Krieges wurden mindestens 23 Medienvertreter bei ihrer Arbeit getötet, mindestens sechs davon durch Schüsse der US- Armee. Aber es gibt auch andere Länder, in die wir die Aufmerksamkeit verstärkt richten müssen. So nach China, eines der weltweit größten Gefängnisse für Journalisten.
«M»: RoG hat kürzlich den Bundeskanzler aufgefordert, den Deutschlandbesuch des chinesischen Ministerpräsidenten zu nutzen, für die Freilassung in China inhaftierter Journalisten und so genannter Cyber-Dissidenten einzutreten. Nützen solche Appelle?
Michael Rediske:
Was China angeht, so gibt es aus Hongkong, aber auch international starken Druck. Es muss ein Wandel erzwungen werden. Die Zahl der in China verhafteten Internet-Dissidenten hat sich im vergangen Jahr fast verdoppelt. Es sitzen jetzt etwa 60 Oppositionelle im Gefängnis, die – wegen des Fehlens anderer Medien – Webseiten oder E-Mail als Kommunikationsmittel genutzt haben. Die Regierung versucht, durch Überwachung, Einschüchterung und Haftstrafen auch das Internet zu kontrollieren und das Recht auf freie Meinungsäußerung einzuschränken. Darüber hinaus sind 27 Journalisten inhaftiert. Ausländische Korrespondenten werden in China streng kontrolliert und reglementiert.
«M»: Doch es gibt in Eurer Arbeit immer wieder auch ermutigende Beispiele …
Michael Rediske:
«M»: Zum Internationalen Tag der Pressefreiheit 2004 habt Ihr speziell auf die Situation im Russland Putins aufmerksam gemacht und gefragt, ob Glasnost aus der Mode sei. Die Antwort?
Michael Rediske:
«M»: Zum Schluss: Wohin wird die Arbeit von Reporter ohne Grenzen in den nächsten zehn Jahren führen?
Michael Rediske:
Das Interview führte Helma Nehrlich
Kontakt: www.reporter-ohne-grenzen.de