WAZ: Weniger Geld für Volontäre

Zeitungsgruppe WAZ gliedert Nachwuchs aus

Die „Journalistenschule Ruhr“ bildet die zukünftigen Redakteure der Zeitungsgruppe WAZ aus. Hier soll der schreibende Nachwuchs lernen, was für einen Lokaljournalisten von WAZ, Westfälischer Rundschau, NRZ, Westfalenpost und Iserlohner Kreisanzeiger wichtig ist. Allerdings möchte man bei dem Essener Zeitungskonzern für die Ausbildung in Zukunft weniger Geld ausgeben.

Die Volontäre sind ab dem 1. Januar 2005 nicht mehr bei den Tageszeitungen angestellt, sondern direkt bei der Journalistenschule in Essen. „Die Ausbildung wird systematischer, weil alle Redakteure zum gleichen Zeitpunkt eingestellt werden“, sagt Gabriele Bartelt-Kircher, Leiterin der Journalistenschule. „Damit wird die Zahl der Volontäre von jetzt 50 auf maximal 60 erhöht“. Der Ausbildungstarifvertrag soll bestehen bleiben, aber der Nachwuchs fällt komplett aus dem Gehaltstarifvertrag heraus. Im ersten Jahr des zweijährigen Volontariats gibt es dann nur noch 1.200 Euro und nicht mehr die tariflich garantierten 1.646 Euro. Auch im zweiten Jahr müssen die angehenden Journalisten auf viel Geld verzichten, denn statt der vorgesehenen 1.907 Euro bekommen sie nur 1.400 Euro.

„Die Bezahlung der Volontäre halte ich für schändlich, zumal ja auch erwartet wird, dass sie selber für die eigene Mobilität sorgen“, erklärt Malte Hinz, Betriebsratschef der Westfälischen Rundschau. „Sie sind während der Arbeit unterwegs und müssen die verschiedenen Ausbildungsorte erreichen.“ Zu dem Sparpaket gehört auch die Reduzierung des Jahresurlaubs von 30 auf 20 Tage. Das Bundesurlaubsgesetz schreibt eigentlich 24 Urlaubstage vor, aber da laut WAZ die Volontäre nur eine Fünftagewoche haben, sollen 20 Tage ausreichen. „Den Urlaubsanspruch zu kürzen, dass halte ich für eine Unverschämtheit“, so Malte Hinz. „Natürlich arbeiten die Volontäre auch am Wochenende, was ich im Übrigen auch für sinnvoll halte, damit sie einen realistischen Eindruck der Zeitungsarbeit bekommen“.

Schon heute wird der journalistische Nachwuchs eingesetzt, um fehlende Redakteure zu ersetzen. Seit zwei Jahren gibt es bei der WAZ-Gruppe einen Anstellungsstopp und das soll sich auch nicht ändern. „Man will hier einen Pool von Volontären aufbauen, der die dünne Personaldecke kostengünstig ausfüllen soll“, befürchtet Malte Hinz.

Trotz guter Geschäfte

Dabei gehört der Zeitungskonzern aus der ehemaligen Stahlmetropole Essen zu den erfolgreichen Verlagen im Mediengeschäft. Der WAZ-Konzern hat nach dem Boomjahr 2000 die ersten beiden Jahre der Werbekrise bei praktisch gleich bleibendem Umsatz (2000 / 1 923 Millionen Euro, 2001 / 1 992, 2002 / 1 983) sehr gut überstanden. Das 2003 gute Geschäfte gemacht wurden, liegt auch an den Aktivitäten im Ausland. Nach Angaben der Geschäftsführung kam der Auslandsumsatz im Jahr 2002 schon auf 43 Prozent des Gesamtumsatzes.

Mit der Ausgliederung der Ausbildung ist die WAZ nicht allein, denn auch Springer und Gruner & Jahr arbeiten ähnlich. Die Geschäftsführung der WAZ verweist gerne darauf, dass sie ihren Volontären dabei deutlich mehr bezahlt, als die Konkurrenz. „Mit dieser Einsparung ist die Aufstockung der Volontärstellen auf die Zahl vor dem Einstellungsstopp 2002 angestrebt“, sagt Ralf Walther, Personalleiter der WAZ-Mediengruppe. Die angehenden Journalisten werden nach der zweijährigen Ausbildung wohl kaum bei der WAZ-Gruppe arbeiten, denn es gibt weiterhin keine vertragliche Verpflichtung für eine Übernahme. Einen Betriebsrat, der gegen die Gehaltskürzungen, den eingeschränkten Urlaubsanspruch und den Einsatz als preiswerte Ersatzredakteure protestieren könnte, hat die Journalistenschule bisher nicht.

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Spanien: Als Terrorist beschuldigt

Der katalanische Investigativjournalist Jesús Rodríguez hat Spanien verlassen, um ins Exil in die Schweiz zu gehen. Ihm wird von Ermittlungsrichter Manuel García-Castellón die Unterstützung terroristischer Akte vorgeworfen. Die Schweiz sieht im Vorgehen der spanischen Justiz gegen den Katalanen einen „politischen Charakter“.
mehr »

Preis für behinderte Medienschaffende

Zum zweiten Mal schreibt in diesem Jahr die gewerkschaftsnahe Otto Brenner Stiftung zwei Preise und Stipendien für Journalist*innen mit Behinderung aus. Damit soll „ein klares Signal für die Förderung von Diversität als unverzichtbaren Wert in unserer demokratischen Gesellschaft“ gesetzt werden, sagt Jupp Legrand, Geschäftsführer der Stiftung. 
mehr »

KI darf keine KI-Texte nutzen

Die Diskussion über Möglichkeiten und Grenzen der KI im eigenen Metier wird Journalist*innen noch lange weiter beschäftigen. Bei der jüngsten ver.di-KI-Online-Veranstaltung ging es um den Anspruch an Gute Arbeit und Qualität. ver.di hat zum Einsatz von KI Positionen und ethische Leitlinien entwickelt. Bettina Hesse, Referentin für Medienpolitik, stellte das Papier vor, das die Bundesfachgruppe Medien, Journalismus und Film zum Einsatz von generativer Künstlicher Intelligenz im Journalismus erarbeitet hat.
mehr »

Unabhängige Medien in Gefahr

Beim ver.di-Medientag Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen diskutierten am 20. April rund 50 Teilnehmende im Zeitgeschichtlichen Forum in Leipzig die aktuelle Entwicklungen in der Medienlandschaft, die Diversität in den Medien und Angriffe auf Medienschaffende. Das alles auch vor dem Hintergrund, dass bei den kommenden Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg die AfD laut Umfragen stark profitiert. 
mehr »