Zeitschrift Entwicklungspolitik mit erweitertem Herausgeberkreis
Die Redaktion der seit 33 Jahren 14-tägig vom Evangelischen Pressedienst erscheinende Zeitschrift Entwicklungspolitik hat sich engagiert für ihre Aufwertung eingesetzt. Seit Anfang des Jahres hat sie nun einen erweiterten ökumenischen Herausgeberkreis und ein Redaktionsstatut.
„Entwicklungspolitik ist mehr als Entwicklungshilfe. Auch die Finanzpolitik der WTO muss in diesem Zusammenhang diskutiert werden. Es reicht auch nicht, einfach nur ein guter Mensch sein und Geld geben zu wollen“, sagt Kai Friedrich Schade, der seit den Anfängen 1970 Chefredakteur der Zeitschrift Entwicklungspolitik ist. „Wir müssen es wagen, genau hinzuschauen, welche Wirkung solche Investitionen politisch haben?“ Dann stellen sich, so meint Schade, brisante Fragen: „Wie gehen wir mit der Bundeswehr-Entwicklungshilfe um? Wie mit den sogenannten Kriegsökonomien in der Dritten Welt? Wie soll man zur Kinderarbeit stehen? Zu all diesen Konflikten müssten nicht nur Kommentare aus dem Norden, sondern auch Süd-Stimmen eingeholt werden.
Um diese Debatten in gebotener Unabhängigkeit zu führen, sind Veränderungen notwendig. Der notdürftig ausgestatteten Redaktion, mit zwei halben Stellen und einer ganzen, mit Konrad Melchers, Klaus Seitz und Kai Friedrich Schade, gelang es zwar stets, ethisch belegte Themen auf eine diskursive, rationale Ebene zu heben. Und so eine breite öffentliche Diskussion anzuregen. 1976, 1991 und 2000 gab es den vom Bundespräsidenten verliehenen „Medienpreis Entwicklungspolitik“. Das Blatt, das sich an „highly involved people“, also an Multiplikatoren in der Entwicklungsarbeit wendet, sei stets auf Wissenschaftler und engagierte Leute im Fahrwasser der APO angewiesen gewesen, die publizistische Beiträge aufgrund ihres politischen Engagements ohne Bezahlung lieferten, so Schade. Heutzutage könne man kaum mehr auf solche Strukturen zurückgreifen. Zudem habe es immer Bestrebungen gegeben, das Sujet aufzuwerten.
„1996 etwa startete der damalige IG-Medien-Vorsitzende, Detelf Hensche, einen Appell zum Erhalt und Ausbau der entwicklungspolitischen Zeitschrift. Das Ziel dieses Appells wurde im letzten Jahr in Form der ökumänischen Trägerschaften erreicht. An dem Neustrukturierungsvorhaben für epd-Entwicklungspolitik engagiert sich heute für ver.di Peter Völker in seiner Funktion als medienpoltischer Referent, der für ver.di auch im Vorstand des Solidaritätsfonds demokratische Medien in der Welt e.V., Stuttgart, aktiv ist. Für ihn „kommt beiden Projekten im Zeitalter der Globalisierung und der damit verbundenen wachsenden strukturellen Ungerechtigkeiten wachsende Bedeutung zu“. So leiste epd-Entwicklungspolitik „einen wichtigen Beitrag für die Diskussionen innerhalb der Anti-Globalisierungs-Bewegung“.
Anfang des Jahres wurden weitere Konsequenzen gezogen. Zuvor wurde die Zeitung vom Evangelischen Pressedienst (epd) herausgegeben – jetzt hat sie einen breiteren Herausgeberkreis im deutschsprachigen Europa, unter Mitbeteiligung von Schweizer Organisationen. Die Mitglieder des Vereins sind „Brot für alle“, „Brot für die Welt“, „Evangelischer Entwicklungsdienst“, „Fastenopfer“, „Misereor“, „Kindernothilfe“, „Förderverein“. Zudem ist ein Redaktionsstatut erstellt, das redaktionelle Unabhängigkeit sichern soll.
Und was hat sich inhaltlich getan? Nun, die politische Großwetterlage habe sich verändert, davon sei auch die Zeitung nicht unberührt, meint Schade. Gern erinnert er an die großen Streitthemen von einst: Als die Zeitschrift mächtigen Ärger bekam aufgrund einer Reagan-Karikatur. Weil dessen Nase die Einverleibung des Landstrichs Nicaragua versinnbildlichte, und demzufolge als „nicht völkerverbindend zur USA“ gewertet worden sei. Wie jede halbwegs seriöse linke Zeitung hält sich auch Entwicklungspolitik zugute, aufgrund ihrer Berichterstattung über Waffenexporte in die Dritte Welt vom Bundesnachrichtendienst abgehört worden zu sein.
Natürlich gibt es auch heutzutage Kritiker, vor allem aber auch Kritikerinnen, die das Blatt zwar schätzen, bisweilen aber zu akademisch abgehoben finden. Oder auch zu männerdominiert. Was wohl auch daran liegen mag, dass Professorenstellen doch weitgehend immer noch dem männlichen Geschlecht vorbehalten sind. Und journalistische Beiträge bislang nicht finanzierbar waren. Deshalb ist der nächste Schritt durch den Herausgeberverein eine bessere materielle und personelle Grundlage zu gewährleisten.