Initiative für einen unabhängigen NDR
Der Versuch des niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff (CDU), mehr politischen Einfluss auf den NDR zu nehmen, stößt auf breiten Widerstand.
Nachdem Wulff im Dezember von einer Kündigung des Staatsvertrages der Vier-Länder-Anstalt gesprochen hatte, liegen inzwischen konkrete Forderungen der niedersächsischen Landesregierung auf dem Tisch. Danach soll der Rundfunkrat von 58 auf 38 Mitglieder verkleinert und die von den Verbänden entsandten Mitglieder jederzeit abberufen werden können. Die Mitglieder des zwölfköpfigen, vor allem für Personalfragen zuständigen Verwaltungsrates, die bisher vom Rundfunkrat gewählt werden, sollen zur Hälfte von den Landesregierungen berufen werden.
Der Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, Harald Ringstorff und seine schleswig-holsteinische Amtskollegin Heide Simonis (beide SPD), haben den Versuch der politischen Einflussnahme durch die niedersächsische Landesregierung scharf zurückgewiesen. Der vierte im Bunde, der Hamburger Bürgermeister Ole von Beust, hat sich bisher nicht inhaltlich geäußert, hat aber sein Interesse am Erhalt des Senders als Vier-Länder-Anstalt bekräftigt. NDR-Intendant Jobst Plog, der sich in einem Beitrag in der Zeit kritisch mit der Position von Wulff auseinandersetzt, fordert „eine klare Trennung zwischen Politik und Medien“. Die Vorsitzende des Rundfunkrates, Dagmar Gräfin Kerssenbrock sagte: „Die Gebührenzahler in Norddeutschland erwarten ein Programm, das möglichst objektiv und professionell informiert, ohne persönliche und politische Zwänge. Eine Voraussetzung dafür war und ist die Unabhängigkeit des Gremiums von staatlichen Vorgaben.“
Eine kurzfristig gebildete „Initiative für einen unabhängigen NDR“, der zahlreiche Gewerkschaften und Bürgerinitiativen, die Verbraucherzentrale Niedersachsen, sowie die Landtagsfraktionen von SPD und Grünen angehören, weist die Kritik des niedersächsischen Ministerpräsidenten am NDR als ungerechtfertigt und unangebracht zurück und warnt die niedersächsische Landesregierung vor einer Aufkündigung des NDR-Staatsvertrages. Seine ausgewiesene Kompetenz und Professionalität habe der öffentlich-rechtliche Sender nur erreichen können, „weil parteipolitischer Klüngel konsequent durch die Arbeit der demokratisch legitimierten Gremien aus dem Sender heraus gehalten wurden, heißt es in einer Erklärung.
Seine Änderungswünsche des Staatsvertrages begründete Wulff unter anderem damit, dass der NDR zu wenig über Niedersachsen berichte. Amadore Kobus, für ver.di im Landesrundfunkrat Niedersachsen, hält diese Kritik für unbegründet. Außerdem, so ihr Vorwurf, habe Wulff nie mit den Verantwortlichen des Senders gesprochen und diesen gegenüber Kritik geübt. Sie hält nicht nur den angestrebten politischen Einfluss auf den Verwaltungsrat für problematisch, sondern auch die beabsichtigte Verkleinerung des Rundfunkrates. Mehr Mitglieder bedeute mehr Meinungen und mehr Demokratie. Als Land mit den meisten Gebührenzahlern stellt Niedersachsen sechs der zwölf Verwaltungsratsmitglieder und 25 der 58 Rundfunkratsmitglieder.
Niedersachsen hat als erstes der vier Länder am 26. Januar die Verlängerung der Kündigungsfrist für den NDR-Staatsvertrag bis Ende Juli beschlossen.