ver.di im ZDF begrüßt die angekündigte Klage der Landesregierung von Rheinland-Pfalz gegen den ZDF-Staatsvertrag beim Bundesverfassungsgericht. Durch das Normenkontrollverfahren kann nach Auffassung der Gewerkschaft der Beweis erbracht werden, dass in den ZDF-Gremien staatliche Vertreter und politische Parteien ein unzulässiges Übergewicht haben, die Besetzung des ZDF-Fernseh- und Verwaltungsrates nicht staatsfern ist und damit einen Verstoß gegen die im Grundgesetz gewährleistete Rundfunkfreiheit darstellt.
Die Gewerkschafter im ZDF hoffen, dass die Karlsruher Richter zu mehr als dieser Feststellung kommen und nicht nur kleine Reförmchen einfordern. Sie sehen in dieser Klage die Chance, die Gremienbesetzung im Rundfunk so neu zu ordnen, dass sie den gesellschaftlichen Realitäten des 21. Jahrhunderts gerecht wird.
Ändern muss sich die Zusammensetzung des ZDF Verwaltungsrats. Dort sind bisher Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nicht stimmberechtigt vertreten (im Gegensatz zum Hessischen Rundfunk). Auch die Berufung der ZDF-Fernsehratsmitglieder muss geändert werden. Die 77 Mitglieder dieses höchsten ZDF-Gremiums werden bisher von Bundes- und Landesregierungen sowie von verschiedenen „gesellschaftlich relevanten Gruppen“ gestellt. Aber derzeit werden viele Fernsehratsmitglieder von Verbänden zwar vorgeschlagen, aber letztlich von den Ministerpräsidenten bestimmt.
„Der Parteieneinfluss ist faktisch aber noch viel größer“ kritisiert Uli Röhm, der medienpolitische Sprecher von ver.di im ZDF und sieht in diesem Zusammenhang Doppelmandate als besonders problematisch. Dazu zählen beispielsweise Vertreter aus der Gruppe der Verbände, wie Erika Steinbach, die Vertreterin des „Bundes der Vertriebenen“, die gleichzeitig Mitglied der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist. Dr. Angelika Niebler, Mitglied des Europäischen Parlaments und Landesvorsitzende der CSU-Frauen-Union in Bayern. Doris Pack, früher CDU-Bundestagsabgeordnete und jetzt im Europäischen Parlament oder Anja Stahmann, Grüne Politikerin in der Bremer Bürgerschaft oder Katrin Budde, Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion des Landes Sachsen-Anhalt. „Solche Mandate müssen ebenfalls den politischen Parteien zugerechnet werden.“
Auch die Vorstellung, Vertreter von Interessenverbänden könnten allein die Pluralität der Gesellschaft abbilden, entspricht ständestaatlichem Denken und ist einer demokratischen Gesellschaft nicht mehr angemessen. Deshalb schlägt ver.di im ZDF vor, Modelle für die Mitwirkung von Zuschauern und Gebührenzahlern im Bereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu entwickeln, wie es in anderen Ländern der Fall ist.
Kaum öffentlich diskutiert wird bisher über Interessenkollisionen bei der Fernsehratsarbeit. Was haben beispielsweise zwei Vertreter des Verbandes der Zeitungsverleger im ZDF-Fernsehrat zu suchen, die in Fragen neuer Medien in Konkurrenz mit dem ZDF stehen und sogar juristisch gegen das ZDF vorgehen? Auch Vertreter von Sportverbänden oder der Filmwirtschaft könnten wirtschaftliche Vorteile erlangen, wenn sie über Investitionsvorhaben, Trends und Schemastrukturveränderungen frühzeitig informiert sind. Für die Gewerkschaft gilt es, den Blick auf den Einfluss der politischen Parteien zu behalten, aber nicht darauf zu verengen. ver.di im ZDF erwartet deshalb von den Bundesverfassungsrichtern ein Verbot für Vertreter von Institutionen im Fernsehrat, die mit dem ZDF im direkten Wettbewerb oder in engen Geschäftsbeziehungen stehen.
ver.di im ZDF / Red.