Als Multimedia-Agentur auf Rang zwei

ProSieben AG investiert in ADN-Expansion – aber auch in „Humankapital“

Im April berichtete „M“, daß die Beschäftigten bei ADN „zu 50 Prozent des üblichen Tarifsalärs“ arbeiteten, um „dem Branchenprimus dpa Paroli zu bieten“. Inzwischen gibt es eine neue Vereinbarung zwischen Betriebsrat und Geschäftsleitung, die laut Betriebsratsvorsitzenden Wolfgang Leifheit für ein „deutlich verbessertes Klima“ sorgt.

Über 88 Prozent der 80 Beschäftigten stimmten dafür, daß in einem ersten Schritt die Gehälter unter 5000 Mark um 12 und die darüber um sechs Prozent angehoben werden. Bis 2002 steigen die Bruttoentgelte jährlich um 10 Prozent und auch die sonstigen Leistungen werden dem in der Agenturbranche üblichen Niveau angepaßt.

Bereits jetzt haben sich die Arbeitsbedingungen durch erste Investitionen in neue Büroausstattungen und moderne Kommunikationstechnik sowie Arbeitsmittel verbessert, berichtet der Chef eines Landesbüros. Natürlich ist die Personaldecke noch knapp und die Hektik manchmal groß, wenn zu Terminen dpa mit zwei, ADN nur mit einem Journalisten anrückt, monieren Kollegen. Freie sind auch nicht ganz glücklich, daß sie in der neuen Gehaltsvereinbarung gar nicht vorkommen.

Waren noch bei der Übernahme durch ProSieben besorgte Stim-men über die Zukunft der Agentur laut geworden, hat das von der Münchner Mutter“ Mitte Juni in Berlin vorgestellte Zukunftskonzept inzwischen etliche Zweifel abgebaut. Schon derzeit wird bei ADN heftig umstrukturiert – beispielsweise entsteht in Berlin eine extra Parlamentsredaktion. Noch läuft aber nicht alles rund, knirscht es im sich wandelnden Agenturgefüge …

Auch andere große Vorhaben werfen ihre Schatten voraus: So sollen „noch in der zweiten Jahreshälfte 1999 elf neue Regionalbüros im Westen der Bundesrepublik“ entstehen, verkündete Vorstandsvorsitzender Georg Kofler Anfang Juli auf der Aktionärs-Hauptversammlung. Den Anfang bei den in den im Osten bewährten Landesdiensten soll am 1. September Nordrhein-Westfalen machen. Zum Jahreswechsel geht dann auch ein bundesweiter Foto- und Grafikdienst von ADN auf Sendung. Die bisherigen Themendienste sollen durch neue wie Computer, Multimedia und Entertainment ergänzt werden.

Mittelfristig sieht der geschäftsführende Redakteur Lutz Schumacher ADN sogar von Platz vier auf zwei in der deutschen Agenturbranche aufsteigen – dank konsequentem Multimedia-Kurs. Neben der kompletten Digitalisierung, die schnelle Verarbeitung und Übermittlung jeglicher Inhalte an verschiedenste Abnehmer gestattet, profitiert ADN als Teil der AG-Tochter ProSieben Digital Media von derem Know-how. Dort beliefert nach eigenen Angaben „eine der größten Multimedia-Redaktionen Deutschlands“ zahlreiche Kunden außerhalb der ProSieben-Gruppe.

Schon jetzt hat auch der sich reformierende ADN neue Abnehmer zu seinen 150 Kunden dazugewonnen, sagt Lutz Schumacher. Wenn alle neuen Dienste laufen, sollen im nächsten Jahr mit einer Marketingkampagne „großflächig neue Kunden gewonnen“ werden. Zunächst wirbt die Agentur über ihre neue Außenstelle ADN Produktions GmbH in Unterföhring erst mal um neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Und es herrscht Konsens, daß gute nicht zum Billigtarif zu kriegen sind. Dazu kommt noch, daß der Vorstandschef zu neuen Ufern aufbrechen will: Kofler schwebt ein „attraktives deutschsprachiges Internet-Portal mit den Elementen Entertainment, Information und E-Commerce“ in den nächsten 12 bis 18 Monaten vor.

Weitere aktuelle Beiträge

Danica Bensmail: „Widerstände spornen an“

Danica Bensmail hat am ersten März das Amt der dju-Bundesgeschäftsführung übernommen. Ein Gespräch mit „der Neuen“ über kaltes Wasser, die Bedeutung von Paarhufern für Diversity in den Medien und Treppengeländer. Danica Bensmail ist erst wenige Wochen im Amt – eine kleine Ewigkeit und ein Wimpernschlag zugleich. „Die ersten 48 Stunden waren ein wenig wie der sprichwörtliche Wurf ins kalte Wasser“, sagt Danica und lacht. Aber alles halb so wild, so eine Abkühlung belebe schließlich die Sinne.
mehr »

dju fordert Presseauskunftsrecht

Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di fordert, in den laufenden Koalitionsverhandlungen endlich das längst überfällige Bundespresseauskunftsgesetz zu beschließen. Danach sieht es gegenwärtig allerdings nicht aus. Bestehende konstruktive parlamentarische Vorlagen zu einem entsprechenden Gesetzentwurf habe die CDU/CSU in der Vergangenheit blockiert, moniert dju-Co-Vorsitzender Peter Freitag. Wie schon die letzte Große Koalition unter Angela Merkel setzte aber auch die soeben abgetretene Ampel-Regierung ein entsprechendes Vorhaben nicht um.
mehr »

Mehr Vielfalt statt Einfalt im TV

Die vielfach ausgezeichnete Britcom „We Are Lady Parts“ über eine islamische Mädchen-Punkband in London ist eines der vielen Beispiele von „Diversity“-Formaten, die in der Coronazeit einen regelrechten Boom erlebten. Die neue zweite Staffel der Comedy war vor kurzem für den renommierten Diversify TV Awards nominiert. Deutsche Anwärter waren diesmal nicht vertreten.
mehr »

Rassismus in den Kommentarspalten

Wenn Redaktionen in ihren Social-Media-Posts mit reißerischen Fragen und Generalisierungen arbeiten, kommen aus der Leserschaft häufiger rassistische Kommentare als wenn die Journalist*innen Kontext liefern. Das ist ein zentrales Ergebnis des Monitoring-Projekts „Better Post“, das die Neuen deutschen Medienmacher*innen (NdM) im September 2021 mit ihren Partnern im „Kompetenznetzwerk gegen Hass im Netz“ starteten, denn: „Rassismus darf kein Clickbait sein“.
mehr »