Sorgen um die Freiheit der Journalistenausbildung in Bayern
„Einerseits ist es schon bedenklich, daß sich jeder Journalist nennen darf. Eine Evaluierung der Ausbildungswege wäre nicht schlecht. Aber: Was hat die bayerische Staatskanzlei in diesem Zusammenhang zu suchen?“ fragte Hans Joachim Werner, Journalist und Medienpolitiker in Bayern, das vorwiegend journalistische Publikum, das am 17. November der Einladung ins Bayernforum der Friedrich-Ebert-Stiftung München gefolgt war.
Der SPD-Landtagsabgeordnete brachte es auf den Punkt: Mit den unübersichtlichen Ausbildungswegen in den Journalismus und in die boomende Online-Branche ist niemand so recht glücklich. Vor allem eingeführte, anerkannte Lehrinstitute wie die Deutsche Journalistenschule, der Bayerische Rundfunk oder das Institut zur Förderung des publizistischen Nachwuchses der Katholischen Kirche sorgen sich um die Qualität der vielen neu entstandenen Schulen und Multimedia-Akademien.
„Hier sind viele Absahner dabei, denen es nur um die schnelle Mark vom Arbeitsamt geht“, bestätigt Kurt Hentschel vom MedienCampus Bayern e. V. Wichtig seien die Kommunikation, das Nutzen von Synergieeffekten zwischen den Ausbildungseinrichtungen, und Orientierungshilfe für die jungen Leute. Da stimmten auch die Leiterin der Deutschen Journalistenschule, Mercedes Riederer, und Ludwig Maaßen, Ausbildungsleiter beim Bayerischen Rundfunk, zu.
So groß war die Einigkeit nicht bei allen Fragen: Manche befürchten eher den umgekehrten Fall, daß nämlich die Staatskanzlei in die Medienausbildung hineinregiere. Der MedienCampus ist ein Baustein der „Medienoffensive“, die die bayerische Staatsregierung verkündet hat. Den Hintergrund bildet handfeste Standortpolitik, um Bayerns Vorsprung gegenüber Berlin und anderen “ Medienstädten“ zu halten und auszubauen. Der MedienCampus „darf die Bayerische Staatsregierung beraten, beispielsweise in Zuschuß-Fragen: Wer soll Geld bekommen, wer nicht“, erläutert Kurt Hentschel. Der Professor im Ruhestand verwaltet die Geschäfte des hochpolitischen Vereins, solange noch kein hauptberuflicher Geschäftsführer bestimmt ist. Wegen seiner Personalpolitik geriet der Verein in die bayerischen Schlagzeilen: Die umstrittene CSU-nahe Journalistin Gabriele Goderbauer-Marchner, derzeit Professorin in Chemnitz, sollte noch 1999 zur Geschäftsführerin ernannt werden. Öffentliche Proteste führten zur regulären Ausschreibung der Stelle. Entschieden wird nun im Januar.
Wer zahlt, schafft an?
Laut Eigenwerbung will der MedienCampus „verwertbare Abschlüsse“ schaffen, Defizite in der Journalistenausbildung“ aufspüren, die Medienwirtschaft einbeziehen und „innovative Konzepte“ fördern. Moderator Walther von La Roche, ausgewiesender Journalismuslehrer und Buchautor („Einführung in den praktischen Journalismus“, soeben in der 15. Auflage erschienen) hakte nach: Welche Defizite sieht der MedienCampus? Welche Konsequenzen hat das, etwa für die staatliche Förderung? Heißt das nicht: Wer zahlt, schafft an?
Bei Drittmitteln und bei Zuschüssen, die der Staat vergibt, trifft das tatsächlich zu: Die bayerische Staatskanzlei will den MedienCampus als Koordinierungs- und Kontrollgremium nutzen. Ob eine Ausbildung fachlich in Ordnung ist, ob die eingesetzten Unterrichtsmethoden die richtigen sind und ob die technische Ausstattung ausreicht – das alles soll der Verein laut Kurt Hentschel evaluieren. Das machte Frauke Ancker vom Bayerischen Journalistenverband skeptisch:“Und wie soll das ein vierköpfiger Vorstand schaffen?“. In einem Punkt immerhin konnte der derzeitige MedienCampus-Chef Kurt Hentschel die Journalistenlehrer beruhigen: „Ein bayerisches Medienausbildungsgesetz wird von niemandem angestrebt.“