Ergebnislos wurde heute die dritte Verhandlungsrunde für die über 14.000 festen und freien Journalistinnen und Journalisten an Tageszeitungen abgebrochen. Als „ungenügend“ bezeichnete der stellvertretende ver.di-Vorsitzende Frank Werneke ein Angebot der Zeitungsverleger, das eine Gehaltserhöhung von zwei Prozent ab 1. Mai 2016, also nach vier Leermonaten, für zwei Jahre vorsah. Die Verhandlung in Berlin war von ersten Streiks und Aktionen in drei Bundesländern begleitet worden. Im nordrhein-westfälischen Ostwestfalen-Lippe, in Stuttgart, Mannheim, Oberndorf und Ludwigsburg bekräftigten rund 300 Streikende die Forderung der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di nach fünf Prozent mehr Geld für fest angestellte wie freie Redakteure, mindestens aber 200 Euro für Berufseinsteiger.
Frank Werneke, Verhandlungsführer der dju in ver.di, hatte zum Start am Vormittag deutlich gemacht: Die Streiks und Aktionen seien ein „Auftakt“ und ein „klares Signal“ an den Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), sein Angebot nachzubessern. „Sie zeigen: Es gibt einen deutlichen Nachholbedarf in den Redaktionen. Dem kommt der BDZV mit seinem Angebot in homöopathischen Dosen nur knapp über der Nulllinie nicht nach.“ Die Kolleginnen und Kollegen hätten deutlich gezeigt, dass sie sich damit nicht abspeisen lassen. „Qualität als wesentlicher Maßstab für den Erfolg einer Zeitung hat ihren Preis“, erklärte Werneke.
Zu den Warnstreiks und Aktionen hatte die dju in ver.di Redakteurinnen und Redakteure sowie Volontäre in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Bayern aufgerufen. In Nürnberg versammelten sich Journalistinnen und Journalisten der „Nürnberger Zeitung“ und der „Nürnberger Nachrichten“, um über den Wert von Qualitätsjournalismus zu diskutieren. In einer extra langen Mittagspause sahen sie den Film „Spotlight“ und debattierten anschließend im Kino gemeinsam über „Journalismus und Geld“, wie Klaus Schrage, Sprecher der mittelfränkischen dju, berichtete.
„Fünf!“ Mit den Fingern einer Hand zeigten knapp zwei Dutzend Journalist_innen, alles Mitglieder der dju in ver.di: Sie stehen hinter der Forderung ihrer Gewerkschaft und unterstützen ihre Tarifkommission.
In Baden-Württemberg beteiligten sich an Warnstreiks und Aktionen Journalistinnen und Journalisten aus der Redaktionsgemeinschaft „Schwarzwälder Bote“, Oberndorf, aus der Redaktion von „Stuttgarter Zeitung“ und „Stuttgarter Nachrichten“ sowie vom „Mannheimer Morgen“.
In Stuttgart trafen sich am frühen Nachmittag etwa 150 Kolleginnen und Kollegen der neuen Gemeinschaftsredaktion Stuttgarter Zeitung/ Stuttgarter Nachrichten sowie des „Schwarzwälder Boten“ vor dem Verlagsgebäude der Südwestdeutschen Medienholding. Thomas Ducks, stellvertretender Konzernbetriebsratsvorsitzende der Holding und Betriebsratsvorsitzende des „Schwarzwälder Boten“, freute sich, dass aus Oberndorf nicht nur Journalisten dabei waren, sondern auch Verlagsangestellte im Rahmen eines Solistreiks. Als Highlight sah er die Beteiligung von jungen Volontären, die keinerlei Tarifbindung mehr unterliegen, aber gemeinsam dagegen protestierten, dass „der Beruf immer mehr zerpflückt“ werde. In seiner Rede erklärte Ducks, er streike hier nicht nur für alle, für die überhaupt noch Tarifbindung gelte, sondern auch gegen die grassierende „Zwei-Klassen-Gesellschaft“ in Redaktionen und Verlagen. „Wenn wir hart bleiben und ein gutes Tarifergebnis erstreiten“, so der Gewerkschafter, „dann wird das den Druck auf die Arbeitgeber erhöhen, auch die Löhne und Gehälter der untarifierten Beschäftigten zu verbessern!“ Im Anschluss verteilten die Streikenden ihre Forderungen an die das Verlagsgebäude verlassenden Geschäftsführer. „Wir haben unsere Botschaften platziert und wir werden weitermachen“, so Ducks.
Die ebenfalls in den Warnstreik getretenen Kolleginnen und Kollegen der „Ludwigsburger Kreiszeitung“ und des „Neckar- und Enzboten“ sahen im bisherigen Auftreten des BDZV in der Tarifrunde „kein Angebot, sondern eine Provokation“, die von Geringschätzung journalistischer Arbeit zeuge. In einer gemeinsamen Resolution forderten sie von den Verlegern: „Legen Sie ein Angebot auf den Tisch, das uns nach 15 Jahren Reallohnverlust endlich wieder einen Anschluss an die allgemeine Gehaltsentwicklung verschafft! Nehmen Sie Ihre wiederkehrenden Forderungen, die Berufsjahresstaffeln zulasten des journalistischen Nachwuchses zu strecken, ein für alle Mal zurück! Beenden Sie die Tarifflucht Ihrer Mitglieder und sorgen Sie dafür, dass endlich alle Zeitungsverlage auch unseren freien Kolleginnen und Kollegen die ihnen zustehenden Honorare bezahlen!“
In Bielefeld kamen streikende Kolleginnen und Kollegen von verschiedenen Blättern aus Ostwestfalen-Lippe zu einer Kundgebung mit etwa 100 Teilnehmer_innen zusammen. Insgesamt beteiligten sich in Nordrhein-Westfalen Redakteurinnen und Redakteure des „Haller Kreisblattes“, der „Lippeschen Landes-Zeitung“, von der „Neuen Westälischen“ und dem „Westfalen-Blatt“ sowie von “Mindener Tageblatt“ und „Herforder Kreisblatt“ an den Warnstreiks.
Weitere Informationen:
https://dju.verdi.de/ueber-uns/nachrichten/++co++04a6b66a-064b-11e6-90ee-525400ed87ba
https://dju.verdi.de/++file++57165fe17713b809d3000c90/download/dju-Tarifinfo_Verhandlungen-abgebrochen_160419.pdf
http://www1.wdr.de/nachrichten/westfalen-lippe/zeitungsstreik-in-owl-100.html