In fast allen Bundesländern haben Tageszeitungsjournalist_innen und Beschäftigte der Druckindustrie am 10. Juni ihre Arbeit niedergelegt. In Bielefeld haben sich rund 150 Beschäftigte an einer Streikkundgebung beteiligt. In Frankfurt a.M. hingegen hatten bereits gestern Beschäftigte der Frankfurter Societäts-Druckerei (FSD) und der Westdeutschen Druck- und Verlags GmbH (Mörfelden) sowie etwa 30 Redakteur_innen der „Frankfurter Neuen Presse“ gestreikt. Im Vorfeld der Fortsetzung der Tarifverhandlungen für Beschäftigte in Druckereien am 13. Juni und Redakteur_innen in Tageszeitungen am 15. Juni sollen die Streiks in den kommenden Tagen noch intensiviert werden.
Wie der dju-Bundesvorsitzende Ulrich Janßen in seiner Rede auf der Bielefelder Streikkundgebung betonte, seien Druck- und Medienbeschäftigte schon seit geraumer Zeit von der allgemeinen Lohnentwicklung in Deutschland abgekoppelt. Bei den Journalist_innen gebe es sogar eine Gehalts- und Honorarentwicklung unterhalb der Preissteigerung, also Reallohnverluste. „Unseren guten Argumenten wollen die Arbeitgeber nichts abgewinnen: Dass wir das Missverhältnis zwischen steigenden Anforderungen und sinkenden Einkommen als Geringschätzung empfinden“, rief Janßen den Streikenden aus der Region Ostwestfalen-Lippe zu.
Dem Aufruf der Gewerkschaften zu Warnstreiks sind indes auch Beschäftigte der „Augsburger Allgemeinen“, der „Süddeutschen Zeitung“, den Münchner Tageszeitungen „Merkur“ und „tz“ inklusive der Außenredaktionen, den „Nürnberger Nachrichten“ und der „Nürnberger Zeitung“ gefolgt. So hat ver.di in Augsburg Drucker_innen, Redakteur_innen, Volontär_innen, sowie die Verlagsangestellten der „Augsburger Allgemeinen“ für heute ab 6.00 Uhr zu einem 24-stündigen Warnstreik aufgerufen.
Zuletzt war es Mitte Mai zu ausgedehnten Warnstreiks in Bayern gekommen. Dort hatten Drucker_innen, Redakteur_innen und Verlagsangestellte unter anderem bei der „Augsburger Allgemeinen“, der „Süddeutschen Zeitung“ und der „Frankenpost“ in Hof ihre Arbeit niedergelegt. Nun wird auch im Rest der Republik gemeinsam gestreikt.
Hintergrund sind die schleppenden Tarifverhandlungen. Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft fordert in beiden Tarifbereichen 5% mehr Geld. Doch nach bisher drei Verhandlungsrunden haben der Bundesverband Druck und Medien (BVDM) mit zuletzt 1,2% bei einer Laufzeit von 18 Monaten und der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) mit 2% über 24 Monate noch immer kein verhandlungsfähiges Angebot gemacht.
„Sowohl in der Druckindustrie als auch in den Redaktionen ist der Druck auf die Beschäftigten immens gestiegen. Die Arbeitsverdichtung durch die digitale Transformation und der gleichzeitige Abbau von Arbeitsplätzen gehen zulasten der Kolleginnen und Kollegen. Doch ihre Gehälter sind nicht gestiegen, im Gegenteil: Die Tarifentwicklung in der Druckindustrie und den Tageszeitungsredaktionen bleibt seit Jahren hinter der Entwicklung in der Gesamtwirtschaft zurück. Die Beschäftigten machen gemeinsam deutlich, dass sie nicht weiter abgehängt werden wollen und eine angemessene Teilhabe an der allgemeinen Lohnentwicklung verlangen“, sagte der stellvertretende ver.di-Vorsitzende Frank Werneke dazu in einer Pressemitteilung.
Die Verhandlungen für die rund 140.000 Beschäftigten der Druckindustrie werden am 13. Juni 2016 fortgesetzt, die Verhandlungen für die über 14.000 Tageszeitungsjournalistinnen und -journalisten gehen am 15. Juni 2016 in die vierte Runde.