Nach zehn Jahren Stagnation Tarifabschluss bei der MAZ
Nach einem einstündigen Warnstreik am 18. Oktober wurde in der Märkischen Verlags- und Druckgesellschaft mbH Potsdam am Folgetag ein Tarifabschluss erreicht. Er gilt für alle Beschäftigten des Verlags- und Druckhauses, in dem die Märkische Allgemeine (MAZ) gedruckt wird. Vereinbart wurden 500 Euro Einmalzahlungen für Dezember 2011 und 2prozentige Tabellensteigerungen ab März 2012.
„Das ist ein gutes Ergebnis, auch wenn nicht alle Blütenträume reiften“, freut sich ver.di-Verhandlungsführer Andreas Köhn. Er verweist darauf, dass mit dem Haustarifabschluss seit zehn Jahren erstmals Tarifsteigerungen für die Beschäftigten der MAZ erreicht wurden und sich damit der Abstand zu den Flächentarifverträgen verringert.
Noch zu Verhandlungsbeginn Anfang August sah es gar nicht nach einem schnellen Abschluss aus. Die Geschäftsleitung der 100-prozentigen FAZ-Tochter hatte sich auf die Formel „Dieses Geschäftsmodell verträgt keine Entgelterhöhungen“ versteift. Trotz guten Geschäftsergebnisses 2010 seien keinerlei Steigerungen möglich bzw. würden Arbeitsplatzabbau bedeuten, hieß es. Die Beschäftigten ließen sich so nicht abspeisen und organisierten bereits im August einen Warnstreik, dem nun ein zweiter folgte. „Diesmal beteiligten sich drei komplette Lokalredaktionen, eine weitere rührte für eine Stunde keinen Rechner an. Neben unseren Druckern standen auch Verlagsangestellte, Redakteure und Volontäre aus der Hauptredaktion mit vorm Tor“, freut sich Betriebsratsvorsitzende Karin Wagner: „Der Tarifabschluss ist ein echtes Gemeinschaftswerk. Unsere Beschäftigten wollen im Tarifgeschehen wieder mitmischen und sind auch bereit, etwas dafür zu tun.“
Aufholen zum Flächentarif
Die Abschlüsse vom 19. Oktober liegen sowohl im Druckbereich als auch in der Redaktion über den bundesweiten Tarifabschlüssen 2011, wo Einmalzahlungen für die Drucker von 280 und für Redakteure von 200 Euro vereinbart wurden. Die prozentualen Erhöhungen treten bei der MVD eher in Kraft und fallen bei den Redakteuren um 0,5 Prozent höher aus als im bundesweiten Tarif. Das bedeutet ein Aufholen zum Flächentarifniveau.
Im Unternehmen hatte es seit Jahren Spar-Debatten gegeben, speziell im Zusammenhang mit dem Kauf einer neuen Druckmaschine. Inzwischen gibt es Medienberichte um einen möglichen kurzfristigen Verkauf der MVD. Der Betriebsrat hat die Aufsichtsratsmitglieder angeschrieben und fordert Aufklärung. Pläne und Perspektiven sollen auf einer Betriebsversammlung offen gelegt werden, so die Forderung. Die momentane Unternehmensstrategie sei „ausgesprochen widersprüchlich“, so Karin Wagner. Gerüchten zufolge soll die MVD-Tochter Havelcom Telemarketing Services GmbH in Potsdam mit bisher etwa 70 Beschäftigten, die auch Telefon- und Online-Betreuung von Abonnenten und Anzeigenkunden für die Mutter in Frankfurt mit erledigt, aktuell um 15 Stellen für die FAZ-Bearbeitung aufgestockt werden. „Im Service-Center sind gerade Betriebsratswahlen im Gange“, so Wagner, „der Wahlvorstand arbeitet bereits.“
Indes vermeldete der Branchendienst Kontakter Ende Oktober, dass der Verkauf der MAZ kurz bevor stehe. Um die Zeitung bieten laut Kontakter der Schleswig-Holsteinische Zeitungsverlag (SHZ) sowie die Mediengruppe Madsack aus Hannover. Als Kaufpreis für die MAZ, die rund 600 Mitarbeiter, darunter 85 Redakteure beschäftigt, werde ein Betrag zwischen 50 und 100 Millionen Euro erwartet. Sollte der SHZ (u.a. Flensburger Tageblatt) den Zuschlag erhalten, würden sich die Nordeutschen in Ostdeutschland weiter ausbreiten. 2005 übernahm der SHZ die Schweriner Volkszeitung vom Medienkonzern Burda. Auch Madsack (Hannoversche Allgemeine, Neue Presse) hatte 2005 von Axel Springer 50 Prozent von der Leipziger Volkszeitung übernommen und war damit zum Alleineigentümer geworden. Außerdem ist Madsack an der Ostsee-Zeitung beteiligt.