Sie arbeiten auf Mikrotask-, Marktplatz-, Design- oder Testing-Plattformen. Ihre Zahl wird auf bald 200.000 in Deutschland geschätzt. Tendenz steigend. Doch wer sind sie eigentlich, die externen Crowdworker? Die Fakten hat ein Team um den Informatikprofessor Jan Marco Leimeister jetzt in einer von der Hans-Böckler-Stiftung unterstützten Studie versucht herauszufinden. Befragt wurden 434 Crowdworker, auch „Clickworker“ genannt. Der typische Crowdworker ist Mitte 30, ledig und hat Abitur, knapp die Hälfte sogar einen Hochschulabschluss.
Unternehmen lagern Aufgaben aus, vergeben kleinste Textaufgaben oder größere Design- und Ingenieursarbeiten, oder sie zerstückeln Prozesse in Mini-Abschnitte, die sie einzeln ausschreiben. 2006 hat Jeff Howe dafür im Online-Magazin „Wired“ den Ausdruck Crowdsourcing geprägt, zusammengesetzt aus „Crowd“ und „Outsourcing“. Unternehmen kommen so an Mitarbeiter, die sie nicht anstellen müssen, die keine Sozialabgaben kosten, keinen Urlaubsanspruch haben und keine Krankengeldfortzahlung erhalten. Und dennoch fühlt sich die Mehrheit der Crowdworker, von der Böckler-Stiftung auch als „digitale Tagelöhner“ bezeichnet, „nicht ausgebeutet“, ist „gleichzeitig aber auch nicht zufrieden mit dem Arbeitsumfeld“. Für 80 Prozent der Crowdworker ist das Einkommen aus der Klick-Arbeit ein Zuverdienst, ein Fünftel von ihnen lebt allerdings davon, hauptsächlich Designer und Programmierer. Viele arbeiten abends oder nachts und von Zuhause aus, durchschnittlich 14 Stunden pro Woche.
70 Prozent der Clickworker erreichen einen Verdienst von weniger als 500 Euro im Monat, nach Abzug der Gebühren an die Plattform und vor Steuern. „Den Ergebnissen zufolge verdienen Crowdworker auf Marktplatz- und Design-Plattformen im Schnitt am meisten und auch ungefähr das Gleiche (monatlich etwa 660 Euro). Auf Mikrotask-Plattformen sind es etwa 144 Euro, auf Testing-Plattformen etwa 410 Euro“, heißt es in der Studie. Bei den hauptberuflichen Crowdworkern liegt der Durchschnittsverdienst bei rund 1500 Euro im Monat. 34 Prozent der hauptberuflichen Crowdworker versichern sich nicht selbst gegen
Krankheit und Arbeitslosigkeit. 47 Prozent der Hauptberuflichen sorgen auch nicht selbst für ihre Altersrente vor.
Die Unzufriedensten mit den Arbeitsumständen sind die Designer, denn alle Bewerber müssen einen Entwurf einreichen, bezahlt wird zumeist nur der Gewinner. Die Hans-Böckler-Stiftung kommentiert: „Es ist daher kein Wunder, dass der Wunsch nach Mitbestimmung auf Design-Plattformen besonders ausgeprägt ist: Knapp 70 Prozent der Crowdworker in diesem Bereich wünschen sich eine Mitbestimmung.“
Das ist ein Thema für die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, die auf ihren Seiten Crowdworker berät und zu den Trends in Crowdworking und Crowdsourcing informiert. Ein weiteres Thema dürfte die Arbeitskontrolle sein: „Unter Überwachung und Kontrolle sind das Aufzeichnen von Tastenanschlägen oder die verdeckte Erstellung von Screenshots zu nennen. Die Mehrheit der Crowdworker jedoch empfindet die einzelnen Kontroll- und Überwachungsmechanismen als transparent, fair und hilfreich“, resümieren die Forscher in Kassel. Sie stellen aber auch fest, dass so mancher Crowdworker gar nicht informiert ist über die Kontrollmechanismen, zum Beispiel durch Unkenntnis der akzeptierten Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), oder gar heimliche Kontrolle befürchtet. Die Wissenschaftler sehen deshalb künftige Handlungsfelder für die Gewerkschaften nicht nur in der besseren Honorargestaltung, sondern auch „im Bereich der Privatsphäre und des Datenschutzes von Crowdworkern“.
Und wenn sie die Wahl hätten, würde eine Mehrheit der Crowdworker eine feste Anstellung bevorzugen.