In einem Gastbeitrag für Zeit Online schreibt der stellvertretende ver.di-Vorsitzende und Leiter des Fachbereichs Medien, Kunst und Industrie, Frank Werneke, über die Folgen der Digitalisierung für die Arbeitswelt von heute und die Herausforderungen, vor die der digitale Wandel die Gewerkschaften im allgemeinen und insbesondere ver.di als Dienstleistungsgewerkschaft stellt. Herausforderungen, die jedoch nur gemeinsam mit den Mitgliedern als aktiver Teil der Gewerkschaft bewältigt werden könnten.
„Die Digitalisierung bedeutet einen revolutionären Umbruch – zurück zu einer Individualisierung und Vereinzelung der Arbeitnehmerschaft. Die Arbeitnehmer von heute, das sind immer mehr Soloselbstständige, Click- und Crowdworker, oft ohne jede Rechte“, so Werneke. Doch könne man daraus nicht schließen, dass diese Arbeitnehmer_innen klassische Angestelltenverhältnisse vorziehen würden. Im Gegenteil: Die meisten Menschen würden gerne in dieser relativen Freiheit arbeiten, sich ihre Arbeitsbedingungen ihren individuellen Bedürfnissen entsprechend schaffen wollen. So sei es laut Werneke eine der größten Herausforderungen einer Gewerkschaft, diese Freiheit zu erhalten und zu vergrößern.
Um diese Aufgabe zu meistern, sei es essentiell, dass sich die einzelnen auch künftig zusammenschließen, um Missstände mit der Gewerkschaft und als aktiver Teil der Gewerkschaft zu beheben. Als Beispiel nennt Werneke die Arbeitsbedingungen der Freien beim ZDF, wo sich bereits über 300 Journalistinnen und Journalisten organisiert haben, um eine Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen zu erreichen. Daneben sei es jedoch nicht weniger wichtig, die Mitbestimmungsrechte der betrieblichen Interessenvertretung auch jenseits klassischer Angestelltenverhältnisse zu stärken.
Die Mitbestimmung zu stärken und auszubauen sowie die demokratische Teilhabe zu sichern, sei nicht zuletzt auch die Aufgabe der Politik. Als Gewerkschaft wolle man die Tarifarbeit wieder stärker in den Betrieben und den neuen Arbeitsumgebungen verankern, bekräftigt Werneke. Heute würden nur 60 Prozent aller Beschäftigten zu Tarifbedingungen arbeiten, 20 Prozent weniger als zu Beginn der neunziger Jahre. Dieses Ziel lasse sich jedoch nur durch entsprechende flankierende Maßnahmen der Bundesregierung zur Stärkung von Tarifverträgen erreichen.
Den Fragen, wie Digitalisierung für Gute Arbeit und Gute Dienstleistungen genutzt werden kann und wie die Mitbestimmung in einer digitalen Arbeitswelt gestaltet sein muss, widmet sich aktuell auch der von der Hans-Böckler-Stiftung in Kooperation mit ver.di veranstaltete Digitalisierungskongress. Die am 17. und 18. Oktober in der ver.di-Bundesverwaltung in Berlin stattfindende Konferenz kann hier im Live Stream mit verfolgt werden.