Nutzlos und rechtswidrig

Vorratsdatenspeicherung erhöht nicht die Sicherheit der Bevölkerung. Eine aktuelle wissenschaftliche Studie des Max-Planck-Instituts konnte keinerlei Anhaltspunkte dafür finden, dass sie zu höheren Aufklärungsquoten bei schweren Verbrechen führt.


Im schwarz-gelben Koalitions-Streit um die Vorratsdatenspeicherung geht dieser Punkt an Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), deren Ministerium die Studie in Auftrag gegeben hat. Dennoch will die Ministerin nicht generell von einer Datenspeicherung absehen. Sie befürwortet, Daten nur nach konkreten Anhaltspunkten für Straftaten im Rahmen des sogenannten „Quick-Freeze-Verfahrens“ speichern zu lassen. Den Unionspolitikern geht das nicht weit genug. Sie beharren auf 6 Monaten vorsorglicher Datenspeicherung. Und die EU drängt auf eine Neuregelung seit Karlsruhe 2010 in Deutschland.

ver.di und andere Gewerkschaften, viele andere Organisationen und Bürgerrechtler lehnen die Vorratsdatenspeicherung seit Jahren ab. Und die aktuellen Studienergebnisse belegen einmal mehr, dass der Nutzen einer Wiederauflage eines Gesetzes zur Vorratsspeicherung gegen Null läuft. Der Preis für dieses Null-Summenspiel ist zu hoch. Verdachtslose Vorratsdatenspeicherung bedeutet einen massiven Eingriff in die Grundrechte der Bevölkerung. Die Protokollierung des Kommunikations- und Bewegungsverhaltens verletzt die Privatsphäre der Menschen. Es kommt einer großflächigen Bespitzelung gleich! In der Arbeit von Journalisten wird der Quellenschutz untergraben und damit die Pressefreiheit verletzt. Hinzu kommt eine ungeheure Geldverschwendung.

Ende Januar hat sich der irische High Court an den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg mit der Frage gewandt, ob die EU-Richtlinie zur sechsmonatigen verdachtslosen Vorratsspeicherung aller Verbindungsdaten gegen die EU-Grundrechtecharta oder gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstößt und deshalb ungültig ist. Auch die EU-Mitgliedsstaaten sind aufgefordert, Stellung zu nehmen. Eine gute Gelegenheit für die Bundesregierung sich für ein Verbot jedweder verdachtslosen Vorratsdatenspeicherung einzusetzen – europaweit!

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