Der Betriebsrat des Magazins Focus hat heute vor dem Berliner Arbeitsgericht gegen den Widerstand des Unternehmens die Einsetzung einer Einigungsstelle erstritten. Damit soll auf laufende Betriebsänderungen und Stellenabbau reagiert werden, aus denen nach Auffassung der Interessenvertretung eine Sozialplanpflicht erwächst.
Aktueller Hintergrund sind die Schließung der Focus-Standorte in München und Düsseldorf sowie redaktionelle Strukturveränderungen wie eine Reduzierung auf nur noch drei Ressorts. Das sieht die Interessenvertretung als wesentliche Betriebsänderungen und leitet die Berechtigung ab, über einen Sozialplan zu verhandeln. Darüber solle in der Einigungsstelle debattiert und Erfordernisse sollten geprüft werden, so der Anwalt des Betriebsrates vor Gericht. Die Gegenseite bestritt eine Sozialplanpflicht vehement. Bei den Schließungen in München und Düsseldorf – dort waren neun bzw. sechs Beschäftigte tätig – seien insgesamt lediglich neun Kündigungen erfolgt, da neben einer Eigenkündigung auch befristete Arbeitsverhältnisse ausliefen. Lediglich mit zwei Beschäftigten in München habe man noch keine endgültige Einigung erzielt. Bei aktuell 116 Beschäftigten läge die Zahl der Kündigungen „weit unterhalb der Schwelle von zehn Prozent“, führte der Prozessbevollmächtigte des Verlages aus. Es habe sich in München und Düsseldorf auch nicht um wesentliche Betriebsteile gehandelt, so der Leiter Arbeitsrecht Hubertus von Selchow. Den laufenden Personalabbau in Berlin nach einem Freiwilligenangebot wollte der Syndikusanwalt überhaut nicht als Sozialplan-relevant gelten lassen. Das Unternehmen habe die Zahl der in der Hauptstadt abzubauenden Arbeitsstellen doch selbst ausgeführt, konterte Thomas Gerchel als Rechtsbeistand des Betriebsrates. Zirka 20 Stellen seien der Interessenvertretung genannt und auf einer Mitarbeiterversammlung Ende März kommuniziert worden. „Sie planen den Abbau von mehr als 30 Arbeitsplätzen, wie spielt dabei keine Rolle“, hielt er der Unternehmensseite entgegen.
Ausschließlich auf Prozentsätze käme es nicht an, machte die Kammervorsitzende deutlich. Betriebseinschränkungen im Unternehmen sah sie als gegeben an und gab dem Antrag des Betriebsrates statt. Auch beim strittigen Einigungsstellenvorsitz folgte Richterin Grundschok dem Betriebsratsantrag. Danach wird der ehemalige Vorsitzende Richter am Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg Dr. Ronald Pahlen als Vorsitzender fungieren. Das Unternehmen hatte Alfred Then, Richter am Arbeitsgericht München a.D. vorgesehen. Abzuwarten bleibt nun, ob die Arbeitgeberseite Beschwerde beim LAG einlegt.
Über den Stellenabbau beim Focus und das auf Einsparungen zielende Abfindungsprogramm war in der letzten Woche ein öffentlicher Schlagabtausch in Fachmagazinen erfolgt. Bei Meedia wurde der Burda-Verlag mit der Äußerung zitiert, es sei schlicht falsch, dass man sich weigere, einen Sozialplan aufzustellen, vielmehr „fehlen die rechtlichen Voraussetzungen dafür“.