Engagierteste Abonnenten

Journalism Online-Gründer Gordon Crovitz: Verleger sollten Volumen kostenpflichtiger Inhalte langsam steigern

M | Wie kann ein Pay-Modell funktionieren, ohne all jene abzuschrecken, die längst an kostenlose Inhalte im Internet gewöhnt sind?

GORDON CROVITZ |
  Das entscheidende Element ist, ein Produkt zu schaffen, das sich auf jene 10 bis 15 Prozent der Nutzerinner und Nutzer konzentriert, die sich am meisten damit befassen – jene, die die Marke wertschätzen und am ehesten bereit sind, etwas zu bezahlen – während man weniger loyalen Lesern weiterhin weitgehend kostenlosen Lesestoff bietet. Indem man nur den wertvollsten Content für das Bezahlmodell aussucht und den Rest kostenlos anbietet, hält man die Nutzerzahlen hoch und konvertiert die Engagiertesten zu Abonnenten. Die Verleger können das Volumen kostenpflichtiger Inhalte langsam erhöhen, um die Umgewöhnung zu erleichtern.

M | Was ist eigentlich Premium oder bevorzugter Content?

CROVITZ |  Inhalte, die besonders wichtig für eine bestimmte Zielgruppe sind, sind am leichtesten zu verkaufen. Aber es geht nicht nur um Content, sondern auch um Zugang. Man kann es so machen, dass ein Abonnent solche Inhalte entweder nur in einem gewissen Zeitraum erhält, oder man kann Content anbieten, der für Nicht-Abonnenten gesperrt oder erst später erhältlich ist. Da gibt es viele verschiedene Versionen. Wir haben 16 verschiedene Modelle für die Verleger entworfen – je nachdem, was für ihr Produkt am besten funktioniert.

M | Journalism Online bekommt immer mehr Konkurrenz – auch Google will eine sogenannte Micro-Payment-Plattform implementieren. Wird Ihnen die nicht das Wasser abgraben?

CROVITZ | All diese Vorhaben tragen zu der Einsicht bei, dass der Status Quo nicht aufrecht zu erhalten ist und dass für Qualitätscontent wieder bezahlt werden muss. Bei uns können die Verleger ihren Content auf ihren eigenen Webseiten behalten, sie können ihr eigenes Produkt definieren und verkaufen dieses dann an ihre Kunden. So bleibt die wertvolle Beziehung zu den Lesern aufrecht erhalten.

Weitere aktuelle Beiträge

KI macht Druck auf Suchmaschinen

Die Künstliche Intelligenz frisst den Traffic: Das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) meldet massive Einbrüche bei der Suchmaschinen-Nutzung aufgrund von Chatbots bei Google oder ChatGBT. Weil viele Nutzer*innen sich mit den Zusammenfassungen von KI zufrieden geben, klicken sie nicht mehr weiter zu den Websites, von denen die Informationen bezogen werden.
mehr »

Neue Europäische Medienplattform

Es ist ein sehr anspruchsvolles Projekt, das der deutsche Kultur- und Medienstaatsminister Wolfram Weimer und seine französische Amtskollegin Rachida Dati auf den Weg bringen: die Entwicklung einer europäischen Medienplattform. Im Zentrum soll dabei das Internet-Angebot des deutsch-französischen Kulturkanals Arte stehen, dass zu einer solchen Medienplattform mit bis zu 24 Sprachen ausgebaut werden soll.
mehr »

Sicher ist sicher: Eigene Adressen sperren

Journalist*innen sind in den vergangenen Jahren vermehrt zum Ziel rechter Angriffe geworden. Die Zahl tätlicher Übergriffe erreichte 2024 einen Rekordwert, so eine aktuelle Studie des Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit (ECPMF) in Leipzig. Die Autoren benennen die extreme Rechte als strukturell größte Bedrohung für die Pressefreiheit. Einschüchterungen oder sogar körperliche Übergriffe geschehen mitunter direkt an der eigenen Haustür. Den damit verbundenen Eingriff in das Privatleben empfinden Betroffene als besonders belastend.
mehr »

Internet: Journalismus unter Druck

Angesichts der Vielzahl von Beiträgen zum 30-jährigen Jubiläum des Internets arbeitet der Journalist Jann-Luca Künßberg in einem Gastbeitrag für Netzpolitik.org heraus, wie umfangreich die Online-Welt Journalismus selbst verändert hat. Enorm schnell, so Künßberg, habe der Geschäftsgedanke die Vision eines digitalen Versammlungsorts beiseitegeschoben.
mehr »