Radio Bremen gibt nach beim Online-Auftritt

Ein Leben ohne Rechtsstreit ist möglich? Denkmal für Loriot vor dem Bremer Funkhaus.
Foto: Eckhard Stengel

1:0 für die Zeitungsverleger: Im Streit um die Online-Auftritte öffentlich-rechtlicher Sender hat Radio Bremen jetzt eine Unterlassungserklärung abgegeben. Die kleinste ARD-Anstalt kam damit einer möglichen Verurteilung zuvor. Vier Regionalverleger hatten sie auf Unterlassung verklagt. Eine weitere Verlegerklage, die sich gegen den Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) richtet, ist dagegen noch anhängig.

Hat Radio Bremen (RB) in seinem Internetangebot presseähnliche Texte ohne Bezug zu eigenen Sendungen veröffentlicht und damit gegen den Rundfunkstaatsvertrag der Bundesländer verstoßen? Ja, finden die Verleger des Weser-Kuriers, der Nordsee-Zeitung, des Delmenhorster und des Osterholzer Kreisblatts und haben die Anstalt im Frühjahr auf Unterlassung verklagt. Nein, findet RB. Trotzdem hat der Sender am 29. November eine Unterlassungserklärung abgegeben, „ohne den Standpunkt der Verleger anzuerkennen“. Demnach darf RB die monierten Online-Texte eines Beispieltages vom Januar nicht mehr verbreiten.

Abgegeben wurde die Selbstverpflichtung während der mündlichen Verhandlung des Landgerichts Bremen über die Verlegerklage. Dabei zeichnete sich nach Darstellung des Zeitungsverlegerverbands Bremen ab, dass die Richter das Online-Angebot vom 16. Januar teilweise für rechtswidrig erklären würden. Verbandsgeschäftsführer Stefan Borrmann glaubt: „Radio Bremen hat aus Furcht vor einem Negativurteil die Notbremse gezogen.“ Er gehe davon aus, dass sich die Anstalt künftig rechtskonform verhalte. „Damit haben wir unser Ziel erreicht.“

Die RB-Pressestelle versuchte, dem Eindruck einer Niederlage entgegenzuwirken: Der Sender habe die Erklärung ohne weiteres abgeben können, da er sein Online-Angebot inzwischen „erheblich weiterentwickelt“ habe. In der Tat: Seit dem Rechtsstreit versieht die Internetredaktion alle Texte mit einem Hinweis auf die dazugehörige Sendung und arbeitet verstärkt mit Fotos und Videos. Aus Sicht von RB-Intendant Jan Metzger ist die Klage erwartungsgemäß „ins Leere gelaufen, weil sie gegen etwas anging, das es so gar nicht mehr gibt“.

Die Verlage hatten auch gerügt, dass das Internetangebot von Radio Bremen zu viele lokale Themen behandele. Auch dies sei ein Verstoß gegen den Rundfunkstaatsvertrag („Eine flächendeckende lokale Berichterstattung in Telemedien ist nicht zulässig.“) Laut RB wollten sich die Richter dieser Sichtweise aber nicht anschließen. Der Sender trägt trotzdem die gesamten Kosten des Rechtsstreits.

Noch nicht beigelegt ist dagegen der Streit um den Online-Auftritt des RBB. Wie in Bremen hatten im Frühjahr fünf ostdeutsche Zeitungen (B.Z., Lausitzer Rundschau, Märkische Allgemeine, Märkische Oderzeitung und Volksstimme/ Magdeburg) Unterlassungsklage gegen den Sender eingereicht. Der Verhandlungstermin beim Landgericht Potsdam steht noch aus. Auch der RBB hat seinen Internetauftritt inzwischen überarbeitet.

Zuletzt hatten die vier Bremer Kläger im Juli für Aufsehen gesorgt, weil sie sich bei der EU-Kommission über den RB-Rundfunkratsvorsitzenden beklagten: Er unterstütze die rechtswidrige Online-Praxis. Damals hatte auch der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) angekündigt, eine förmliche Beschwerde in Brüssel einzulegen, da die ARD-Sender zu wenig durch ihre Rundfunkräte kontrolliert würden. Bisher hat der Verband das aber nicht getan. Dem Vernehmen nach will er zunächst abwarten, wie sich die aktuelle rundfunkpolitische Diskussion über eine Neuregelung der Online-Auftritte entwickelt.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

KI beinflusst Vielfalt in den Medien

Künstliche Intelligenz kann journalistische Texte in verschiedene Sprachen übersetzen und damit viel mehr Nutzer*innen ansprechen. Gleichzeitig kann sie aber auch Stereotype, die in diesen Texten enthalten sind, verfestigen. Gefahren und Chancen von KI-Anwendungen im Journalismus standen im Fokus der diesjährigen NxMedienkonferenz der Neuen deutschen Medienmacher*innen (NdM), die sich für mehr Vielfalt in den Medien einsetzen.
mehr »

Keine Auskunft zu Pegasus

Auch Onlinemedien fallen unter die vom Grundgesetz gedeckte Pressefreiheit. Das erkannte das Bundesverwaltungsgericht  erstmals an. Arne Semsrott, Chefredakteur der Transparenz- und Rechercheplattform FragDenStaat, hatte nach Presserecht vor dem Bundesverwaltungsgericht geklagt. Nun erkannte das Gericht grundsätzlich an, dass Presseauskunft Onlinemedien genau so wie Printmedien erteilt werden muss. Der Bundesnachrichtendienst (BND) ist aber nicht verpflichtet, einem Journalisten Auskünfte über den Erwerb und Einsatz der Software "Pegasus" zu erteilen.
mehr »

Mit Recht und Technik gegen Fake News

Als „vielleicht größte Gefahr“ in der digitalen Welt sieht die Landesanstalt für Medien NRW (LFM) die Verbreitung von Desinformationen. Insbesondere gilt das für die Demokratische Willensbildung. Daher wird die Aufsichtsbehörde ihren Scherpunkt im kommenden Jahr genau auf dieses Thema richten. Aber wie kann man der Flut an Fake News und Deep Fakes Herr werden?
mehr »

Süddeutsche ohne Süddeutschland?

Die Süddeutsche Zeitung (SZ) will sich aus der Regionalberichterstattung in den Landkreisen rund um München weitgehend zurückziehen. Am Mittwoch teilte die Chefredaktion der SZ zusammen mit der Ressortleitung den rund 60 Beschäftigten in einer außerordentlichen Konferenz mit, dass die Außenbüros in den Landkreisen aufgegeben werden und die Berichterstattung stark zurückgefahren wird. Dagegen wehrt sich die Gewerkschaft ver.di.
mehr »