Allen Unkenrufen zum Trotz – der TV- und Radiobranche in Deutschland geht es wirtschaftlich nicht schlecht. Und zwar nicht nur den beitragsfinanzierten öffentlich-rechtlichen Anstalten, sondern auch dem Privatfunk. Das ist das Ergebnis des Berichts „Wirtschaftliche Lage des Rundfunks in Deutschland 2016/17“, den acht Landesmedienanstalten in Zusammenarbeit mit Goldmedia soeben veröffentlicht haben.
Ganz taufrisch sind die erhobenen Daten nicht. Der Band erscheint mit Verzögerung und wertet die Zahlen für das Jahr 2016 aus. Aber mangels anderer vergleichbarer Studien gilt er dennoch als die wichtigste Analyse der deutschen Rundfunkbranche.
2016 umfasste das duale System in Deutschland insgesamt 642 Rundfunkprogramme. Davon entfielen auf die privaten Anbieter 269 Radio- und 295 TV-Programme. Die öffentlich-rechtlichen Anstalten verantworteten demgegenüber 56 Radio- und 22 TV-Angebote. Die Umsätze aller Rundfunkanbieter stiegen auf rund 20,4 Milliarden Euro, von denen knapp 10,7 Milliarden Euro auf die Privaten (ein Plus von einer halben Milliarde Euro) und 9,7 Milliarden Euro auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk entfielen. Bei ARD und ZDF konnten die im Berichtszeitraum gesunkenen Beitragseinnahmen durch „sonstige betriebliche Erträge“ kompensiert werden. Werbung macht bei den Öffentlich-Rechtlichen weiterhin nur sechs Prozent der Gesamtumsätze aus. Bei den Privaten gingen die Mehreinnahmen vor allem auf das Konto des bundesweiten Free-TV und Pay-TV. Lokale TV-Sender dagegen arbeiten nach wie vor nicht kostendeckend.
Die Gewinnsteigerung bei den Privaten geht allerdings auch auf Einsparungen bei den Personalkosten zurück. So wurden innerhalb von zwei Jahren 885 Stellen abgebaut. Die Gesamtbeschäftigung lag 2016 bei 20.407 Mitarbeiter_innen, davon waren 87 Prozent festangestellt.
„Trotz des zunehmenden und immer stärker international geprägten Wettbewerbsdrucks sowie einer fortschreitenden Konvergenz der Medien blieben die bundesweiten Free-TV und Pay-TV-Sender auf Wachstumskurs“, heißt es in der Studie. In den kommenden Jahren werde die Entwicklung verstärkt durch den Ausbau non-linearer Angebote, interaktiver (wie Smart TV) oder neuer Angebotsformen wie Virtual Reality geprägt. Im privaten Rundfunkwerbemarkt dominieren weiterhin die Mediengruppen RTL und ProSiebenSat.1. Während die Zahl der Free-TV-Sender leicht rückläufig ist, wächst der Pay-TV-Sektor kontinuierlich: allein im Zeitraum 2006 bis 2016 legte die Zahl der Bezahlsender von 37 auf 84 zu.
Besonders erfolgreich operiert das aus dem Kirch-Sender „Premiere“ hervorgegangene Unternehmen Sky Deutschland. Innerhalb eines Jahres steigerte Sky seinen Umsatz von 1,83 auf 2,11 Milliarden Euro – das entspricht gut 85 Prozent der Erträge des gesamten Pay-Segments. Mitte 2017 vermeldete Sky Deutschland, die Fünf-Millionen-Marke bei den Abonnenten sei geknackt, man schreibe schwarze Zahlen. Neben der Auswertung der Live-Rechte für die UEFA-Champions-League und den größten Teil der Bundesliga-Rechte investiert Sky neuerdings verstärkt in eigene Filme und Serien, darunter auch – in Kooperation mit der ARD – die hochgelobte Produktion „Babylon Berlin“.
Im privaten Hörfunk sorgen neue technische Verbreitungswege wie DAB+ für mehr Vielfalt. 269 Hörfunkprogramme zählt der Bericht für 2016, das sind 34 mehr als im Vorjahr. Inzwischen gibt es 33 DAB+-Programme. Reine Digitalsender ohne eine starke UKW-Welle im Rücken sind jedoch nach wie vor nicht wirtschaftlich zu betreiben. Das Gros der Hörer_innen – knapp 70 Prozent – nutzt Radio weiterhin hauptsächlich analog, über UKW. Allmählich gewinnen jedoch auch digitale Empfangsarten an Relevanz. So hören mittlerweile immerhin fünf Prozent Radio in erster Linie über DAB+ und weitere 7,7 Prozent über ein IP-basiertes Gerät.
Noch haben die Veränderungen in der Online-Audio-Welt die Position des guten alten Dampfradios auf dem Werbemarkt noch nicht beeinträchtigt. Aber die Zahl der Konkurrenten wächst – gerade im Netz. „Reine Webradios, Podcasts, User Generated Radios, YouTube oder Streaming-Dienste tragen zur Fragmentierung der Audionutzung bei“, heißt es im Bericht.
Hg.: Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM): Wirtschaftliche Lage des Rundfunks in Deutschland 2016/17. Vistas-Verlag Leipzig 2017, 256 S., 19 Euro