Editorial: Gründerwind frischt auf

Aufbruchstimmung im Journalismus titelt M! Zu hoch gegriffen? – Nein! Was sich da derzeit auf dem deutschen Medienmarkt an neuen journalistischen Produkten entfaltet, lässt aufhorchen. Professionelle Journalistinnen und Journalisten nehmen ideenreich das Steuer in die Hand und nutzen die Chancen, jenseits verlegerischer (renditeorientierter) Diktate zu recherchieren. M stellt einige „Start ups” vor. Dabei geht es nicht um Kostenlos-Journalismus. Der Wert der Arbeit wird von Anfang an hoch gehängt. Alternative Finanzierungsmodelle greifen vor allem in der Gründerphase, brauchen jedoch kontinuierliches Abo- oder Spendenaufkommen, will man nachhaltig Erfolg haben.

Diese neuen Möglichkeiten, gut recherchierte hintergründige Artikel zu veröffentlichen, sowohl im Netz als auch in den Printmedien, bereichern zweifelfrei den derzeitigen Journalismusmarkt. Gleichfalls zeigen sie einmal mehr die Defizite der herkömmlichen – privat kommerziellen, aber auch gebührenrechtlich finanzierten – Medien auf. Diese stehen nicht umsonst in der Kritik, Beschäftigung und damit einhergehend journalistische Qualität vermeintlichen Sparzwängen zu opfern.

Das letzte Tarifergebnis für Journalisten an Tageszeitungen wurde von der Mehrheit der dju-Mitglieder angenommen. Jedoch konnten die letztlich nicht allzu üppigen Erhöhungen erst durch ein großes Streikengagement von Redakteuren und Freien erreicht werden. Und ob die avisierten Absenkungen etwa beim Urlaubsgeld ein taugliches Mittel sind, um junge Leute auch in Zukunft für diesen Beruf zu begeistern, ist durchaus fraglich.

In ähnlichem Fahrwasser oder besser gesagt auf Crashkurs befindet sich derzeit offenbar der WDR. Millionenschwere Haushaltslöcher wurden dieser Tage prognostiziert. 500 Stellen sollen abgebaut werden. Programmabstriche sind angezeigt. Vor allem auch für Freie keine guten Aussichten. Und all das, obwohl zum jetzigen Zeitpunkt kein Mensch seriös angeben kann, wie hoch genau die Beitragseinnahmen des Senders bis 2016 ausfallen werden. Gewerkschaften und Personalräte fordern Alternativen, um die personelle Ausblutung und Verschlechterung der Programmqualität zu verhindern.

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