Gewissheiten und Verhandlung verlangt

Aktive Mittagspause vor dem Berliner DuMont-Verlagsgebäude in der Alten Jacobstraße
Foto: Christian von Polentz

„Wir sind runtergespart, mehr geht nicht. Wir brauchen ordentliche Bezahlung und gleiches Geld für gleiche Arbeit. Vor allem brauchen wir Gewissheiten.“ So wandte sich Betriebsratsvorsitzender Frederik Bombosch an seine Kolleginnen und Kollegen, die am 11. April der Aufforderung der Gewerkschaften zu einer „gemeinsamen Mittagspause“ gefolgt waren. Die Geschäftsführung der Berliner Newsroom GmbH und von Berlin24, wo Berliner Zeitung und Berliner Kurier produziert werden, soll die 2017 unterbrochenen Tarifverhandlungen weiterführen.

Nachdem Mitte März Pläne der DuMont Mediengruppe bekannt wurden, ihre sämtlichen Regionalzeitungen zu verkaufen, ist die Situation in den Berliner Redaktionen zusätzlich angespannt. „Faire Arbeitsbedingungen, Schutz vor Kündigung und Stopp des Personalabbaus“ forderten deshalb ver.di, DJV und Journalistenverband Berlin-Brandenburg von der Geschäftsführung. In Berlin waren im August 2017 die laufenden Verhandlungen um einen Haustarifvertrag für die von DuMont nach einem Quasi-Rauswurf der Redaktionen aus dem Berliner Verlag neu gegründete Newsroom-Redaktionsgesellschaft, für die inzwischen geschlossene Hauptstadtredaktion und die Onliner in der Berlin Digital 24 GmbH unterbrochen worden. Inzwischen haben die Gewerkschaften ihre Forderungen konkretisiert: Der 2018 mit DuMont vereinbarte Tarifvertrag für die Rheinische Redaktionsgemeinschaft (RRG) in Köln soll mit den Gehalts- und Manteltarifregelungen in der Hauptstadt übernommen werden. Beschäftigungssicherung, Schutz vor Auslagerungen und Kündigung sollen bis 2020 festgeschrieben werden. Es dürfe keinen weiteren Personalabbau geben, stattdessen müssten Stellen in der Redaktion wiederbesetzt werden.

„Da geht es um fünf bis zehn Prozent mehr Entgelt“, erklärte ver.di-Verhandlungsführer Jörg Reichel am Rande der Aktion. Die Onliner, die nach dem Umzug in das neue Verlagshaus zumeist neu eingestellt wurden, seien am schlechtesten bezahlt: „Wir reden da durchaus von mehreren hundert Euro Differenz im Vergleich zu Newsroomern“, so Reichel. Auf einer gemeinsamen Mitgliederversammlung Anfang April seien alle einig gewesen, dass es so nicht weitergehen könne. „Wir wollen auch sichern, dass bei einem möglichen Verkauf nicht neuerlich Beschäftigte oder Kapazitäten über die Wupper gehen“, ergänzte André Gählert vom DJV Berlin.

Geschäftsführer Brell (r.) im Gespräch mit den Gewerkschaftvertretern
Foto: Christian von Polentz

Die Aktion, an der sich reichlich 60 Beschäftigte beteiligten, hatte zumindest ein unmittelbares Resultat: Newsroom-Geschäftsführer Aljoscha Brell, dem die Verhandlungsaufforderung zu Wochenbeginn zugegangen war, kam auch vor das Verlagsgebäude und sprach mit den Gewerkschaftsvertretern. Jörg Reichel informierte die Versammelten anschließend, dass Brell „Defizite“ eingeräumt, Gesprächsbereitschaft und eine ernsthafte Prüfung der Forderungen signalisiert habe.

 

 

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