Für eine neue Studie der Otto-Brenner-Stiftung (OBS) haben die Medienwissenschaftler*innen Prof. Dr. Marc Liesching und Prof. Dr. Gabriele Hooffacker von der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur (HTWK) Leipzig die Gewichtung der Themen in den politischen Sendungen von ARD und ZDF im Monat vor der Bundestagswahl 2017 untersucht. Die Ergebnisse liefern ein sehr differenziertes Bild.
Anlass der Auswertung waren Vorwürfe, die öffentlich-rechtlichen Sender hätten im Vorfeld der Bundestagswahl eine „Themensetzung von rechts“ betrieben oder gar, wie der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates Olaf Zimmermann urteilte, durch ihre einseitige Fokussierung auf die Themen „Flüchtlinge“ und „Islam“ dazu beigetragen, „die AfD bundestagsfähig zu machen“.
Die Befunde zeigen nun: Zwar war „Migration“ in den fünf meistgesehenen Sendungen das Thema Nummer eins und auch im TV-Duell Merkel/Schulz spielte dieser Sachverhalt mit 34 Prozent der Sendezeit die größte Rolle. Über alle untersuchten Sendungen hinweg jedoch rangierte das Thema „Migration“ mit knapp 12 Prozent hinter „Arbeit/Familie/Soziales“ (15 Prozent) und nur knapp vor dem Thema Außenpolitik (11 Prozent). Bei den Polit-Talkshows lag „Migration“ sogar nur auf Platz 6.
Um das Bild für die Leser*innen abzurunden, haben die Autor*innen Journalist*innen der untersuchten Sendungen zu den Abläufen und dem journalistischen Selbstverständnis ihrer Redaktion befragt. Zusätzlich wurde eine qualitative Analyse zur Objektivität von Moderationsfragen gegenüber Politiker*innen in einigen der untersuchten Sendungen durch-geführt. Weil solche Bewertungen jedoch stark der subjektiven Einschätzung der Studienautor*innen unterliegen, sind Fragen nach dem Agenda-Setting oder Framing generell schwer zu beantworten. Aber ob die öffentlich-rechtlichen Sender durch eine häufige Themensetzung (Agenda-Setting) die Themen(Prioritäten) der Zuschauer*innen beeinflusst oder durch die Rahmung (Framing) des Themas „Migration“, bspw. mit dem Thema „Kriminalität“, Verknüpfungen in den Köpfen des Fernsehpublikums erzeugt und gefestigt hätten, sei nicht die grundlegende Frage, so Jupp Legrand, Geschäftsführer der OBS. Denn das sei schließlich inhärenter Bestandteil der journalistischen Arbeit. Diskutiert werden müsse vielmehr, „auf welche Art und Weise welches Thema wie häufig besprochen und wie gerahmt wird“.
In diesem Sinne verstehe sich die Studie mit ihren erstmals konkreten Zahlen vornehmlich als Diskussionsgrundlage, um „die Debatten auf ein sicheres Fundament zu stellen“, ergänzt Co-Autor Liesching.