Bilder in den verschiedensten Formaten und Techniken, vom großen Ölgemälde bis zur kleinformatigen Radierung, zeigt die Berliner MedienGalerie in der Ausstellung MAUERN FALLEN noch bis 25. Oktober. Die Arbeiten geben Einblick in die Aktivitäten der ver.di-Fachgruppe Bildende Kunst Berlin-Brandenburg, die unter selbst gestelltem Thema jährlich eine eigene Ausstellung bestreitet.
Kunst sieht eine ihrer Aufgaben darin, nicht einfach zu unterhalten, das auch, aber sie will Gedanken anstoßen, Emotionen wecken, Perspektiven öffnen. Gerade auch, wenn sie sich wie hier, veranlasst vom aktuellen Termin, einem gesellschaftlichen Gegenstand gegenübersieht. An der aktuellen Schau beteiligen sich 18 Künstler*innen. Es sind keine plakativ vordergründigen Darstellungen zu sehen. Selbst das Ölgemälde „Die Nacht des Mauerfalls“ abstrahiert stark. Am ehesten kommt dem Ereignis der getuschte „Zerfallene Mauerrest“ nah. Oder der positive Kamerablick „FAIRYTALE“ auf das Grün, das den ehemaligen Grenzstreifen zwischen Berlin-Mitte und Kreuzberg üppig bedeckt. Derart eingeengt wird das Thema gern von Politikern dargestellt.
Aber es handelt sich um einen historisch komplizierteren Vorgang. Die Skulptur „Zwei Seiten einer Mauer“, bereits 2007 entstanden, wirft das Licht auf tieferreichende Schichten, unter anderem auf die je nach Mauerseite unterschiedlich begründeten Lebenserfahrungen. Zur Einführung bei der Vernissage sprach auch der Vorsitzende der ver.di-Landesfachgruppe Andreas A. Jähnig – „gerichtet gegen die Lügen der Politiker“– über die gefallene Mauer, die gebliebenen Mauern und neu hinzu gekommene. Der Grenzwall des Kalten Krieges sei zwar abgerissen worden, aber mit Blick auf die Gegenwart zeigten sich seither eingetretene gravierende Veränderungen: Die Zahl der „Mauertoten“ habe sich vervielfacht, nunmehr an den Außengrenzen der EU. Flüchtlinge werden nicht mehr bejubelt, sondern nach ihrem Gebrauchswert eingeordnet. Seit Jahren klirren nur unweit entfernt Kriegswaffen. Im Inneren sind rechte Kräfte gewachsen und gestärkt. Vor drei Jahrzehnten seien nicht auch die Mauern in den Köpfen einfach gefallen.
Neue Mauern, ethnische, soziale, auch ideologische, seien höher aufgewachsen als das historische Bauwerk. Ganz offenbar und für jeden wahrnehmbar zeigte sich Abgrenzung im sozialen Gefälle, in der Abgehobenheit des wohlhabenden Teils der Gesellschaft. Diese Mauern seien nicht einfach einzureißen. Doch müsse sich die demokratische Mehrheit auf einen schwierigen, langen Weg zu ihrer Beseitigung aufmachen. „Der Humanismus ist unsere letzte Haltelinie“, mahnte der Redner.
Auf ein Bild der Ausstellung soll noch besonders hingewiesen sein: Das schmerzliche „Liebespaar“ ist das letzte Werk des 2018 verstorbenen Kollegen Dieter Ruckhaberle, ein prägender Künstler und aktiver Gewerkschafter, an den auch auf diese Weise ehrend erinnert wird.
Ausstellung in der ver.di-MedienGalerie, Dudenstraße 10, 10965 Berlin, U-Bhf Platz der Luftbrücke, montags und freitags 14 bis 16 Uhr, dienstags 17 bis 19 Uhr, donnerstags 14 bis 19 Uhr und und nach telefonischer Vereinbarung: 030-8866 5402