Ausstellung: Von alten und neuen Mauern

Besucherinnen zur Ausstellungseröffnung in der MedienGalerie
Foto: Christian von Polentz

Bilder in den verschiedensten Formaten und Techniken, vom großen Ölgemälde bis zur kleinformatigen Radierung, zeigt die Berliner MedienGalerie in der Ausstellung MAUERN FALLEN noch bis 25. Oktober. Die Arbeiten geben Einblick in die Aktivitäten der ver.di-Fachgruppe Bildende Kunst Berlin-Brandenburg, die unter selbst gestelltem Thema jährlich eine eigene Ausstellung bestreitet.

Kunst sieht eine ihrer Aufgaben darin, nicht einfach zu unterhalten, das auch, aber sie will Gedanken anstoßen, Emotionen wecken, Perspektiven öffnen. Gerade auch, wenn sie sich wie hier, veranlasst vom aktuellen Termin, einem gesellschaftlichen Gegenstand gegenübersieht. An der aktuellen Schau beteiligen sich 18 Künstler*innen. Es sind keine plakativ vordergründigen Darstellungen zu sehen. Selbst das Ölgemälde „Die Nacht des Mauerfalls“ abstrahiert stark. Am ehesten kommt dem Ereignis der getuschte „Zerfallene Mauerrest“ nah. Oder der positive Kamerablick „FAIRYTALE“ auf das Grün, das den ehemaligen Grenzstreifen zwischen Berlin-Mitte und Kreuzberg üppig bedeckt. Derart eingeengt wird das Thema gern von Politikern dargestellt.

Aber es handelt sich um einen historisch komplizierteren Vorgang. Die Skulptur „Zwei Seiten einer Mauer“, bereits 2007 entstanden, wirft das Licht auf tieferreichende Schichten, unter anderem auf die je nach Mauerseite unterschiedlich begründeten Lebenserfahrungen. Zur Einführung bei der Vernissage sprach auch der Vorsitzende der ver.di-Landesfachgruppe Andreas A. Jähnig – „gerichtet gegen die Lügen der Politiker“–  über die gefallene Mauer, die gebliebenen Mauern und neu hinzu gekommene. Der Grenzwall des Kalten Krieges sei zwar abgerissen worden, aber mit Blick auf die Gegenwart zeigten sich seither eingetretene gravierende Veränderungen: Die Zahl der „Mauertoten“ habe sich vervielfacht, nunmehr an den Außengrenzen der EU. Flüchtlinge werden nicht mehr bejubelt, sondern nach ihrem Gebrauchswert eingeordnet. Seit Jahren klirren nur unweit entfernt Kriegswaffen. Im Inneren sind rechte Kräfte gewachsen und gestärkt. Vor drei Jahrzehnten seien nicht auch die Mauern in den Köpfen einfach gefallen.

Neue Mauern, ethnische, soziale, auch ideologische, seien höher aufgewachsen als das historische Bauwerk. Ganz offenbar und für jeden wahrnehmbar zeigte sich Abgrenzung im sozialen Gefälle, in der Abgehobenheit des wohlhabenden Teils der Gesellschaft. Diese Mauern seien nicht einfach einzureißen. Doch müsse sich die demokratische Mehrheit auf einen schwierigen, langen Weg zu ihrer Beseitigung aufmachen. „Der Humanismus ist unsere letzte Haltelinie“, mahnte der Redner.

Auf ein Bild der Ausstellung soll noch besonders hingewiesen sein: Das schmerzliche „Liebespaar“ ist das letzte Werk des 2018 verstorbenen Kollegen Dieter Ruckhaberle, ein prägender Künstler und aktiver Gewerkschafter, an den auch auf diese Weise ehrend erinnert wird.


Ausstellung in der ver.di-MedienGalerie, Dudenstraße 10, 10965 Berlin, U-Bhf Platz der Luftbrücke, montags und freitags 14 bis 16 Uhr, dienstags 17 bis 19 Uhr, donnerstags 14 bis 19 Uhr und und nach telefonischer Vereinbarung: 030-8866 5402

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Ver.di: Deutsche Welle nicht kürzen

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) kritisiert die geplante Etat-Senkung bei der Deutschen Welle, mit der eine Schrumpfung des deutschen Auslandssenders einhergehen wird. Stattdessen müsse eine ausreichende Finanzierung durch Bundesmittel gewährleistet werden.
mehr »

Schon entdeckt? Wie Rechte reden

Jede Woche die Analyse eines rechten Zitats – ob aus dem Bundestag oder beim Weihnachtsessen mit der Familie. Das bietet der Newsletter „Wie Rechte reden“ von Maria Timtschenko und Johannes Giesler. Denn: „Die Neue Rechte ist da“, wie die Autor*innen in der Ankündigung ihres Newsletters schreiben: „Sie ist auf der WG-Party bei deinen Freund:innen eingeladen. Sie steht neben dir in der Schlange für ‚Einmal Döner, bitte‘." Und sie verschiebt ihren menschenfeindlichen und autoritären Diskurs in die gesellschaftliche Öffentlichkeit, in Kommentarspalten, eigenen Medien oder Gruppenchats.
mehr »

RSF: Exilmedien als Quelle

Sie decken Korruption und Unterdrückung auf, wo ausländische Korrespondent*innen keinen Zugang haben: Exilmedien sorgen dafür, dass zuverlässige Informationen aus geschlossenen Diktaturen weiterhin verfügbar bleiben. In Kooperation mit dem JX Fund stellt Reporter ohne Grenzen (RSF) dar, wie wichtig Exiljournalist*innen in der internationalen Berichterstattung sind.
mehr »

Urheberrecht: ChatGPT-Urteil ist Anfang

Ein Präzedenzfall ist das Urteil im Rechtsstreit zwischen der Verwertungsgesellschaft Gema und dem KI-Unternehmen OpenAI vom 11. November 2025 sicherlich. Aber abgesehen von einem zu erwartenden längeren Instanzenweg stellt sich auch die Frage, wie sich die gesamte Kreativwirtschaft gegen die ungefragte Nutzung von geistigem Eigentum wehren kann.
mehr »