Leipzigs Neue

Bereits seit 20 Jahren erscheint LEIPZIGS NEUE – linke Monatszeitung für Politik, Kultur und Geschichte. Sie wird herausgegeben vom „Projekt Linke Zeitung e. V. Leipzig“, vertreten durch den Philosophieprofessor Kurt Schneider, zu DDR-Zeiten Dekan der Fakultät für Philosophie und Geisteswissenschaft der Karl-Marx-Universität zu Leipzig. Der Verein besitzt nach eigenen Angaben kein Kapital und finanziert sich ausschließlich aus den Vertriebs- und Anzeigenerlösen sowie Spenden. Der Autorenkreis setzt sich aus rund 20 Köpfen zusammen; Honorare für die journalistischen Beiträge werden nicht gezahlt. Auch die redaktionelle Arbeit leisten Chefredakteur Michael Zock und seine zwei Mitstreiter ehrenamtlich.

Leipzigs NeueZwei Euro (Abo 1,80 €) kostet die 24seitige Zeitung mit dem etwas nostalgischen, für linke Publikationen typischen Layout, am Kiosk. Zwischen 6.000 und 8.000 Leser/innen, so Redakteur Ralf Fiebelkorn, hat LEIPZIGS NEUE. Der Großteil von ihnen wohnt in Sachsen, nur ca. zehn Prozent der Auflage werden bundesweit ausgeliefert. Im Netz kann von jeder Ausgabe eine Auswahl von Beiträgen kostenlos gelesen werden.
Der Standpunkt von LEIPZIGS NEUE ist klar – so steht es ja auch im Zeitungskopf: links. Einleuchtend dann auch, dass zum Beispiel in der Märzausgabe der Schwerpunkt auf den Internationalen Frauentag gelegt wurde. Da wird unter anderem Alice Schwarzer als „konservative Feministin“ eingeordnet; wir lernen, dass Die Linke eine arzneipolitische Sprecherin (Kathrin Vogler) hat; es gibt ein ausführliches Interview mit Sophie Dieckmann, Chinawissenschaftlerin und derzeit Geschäftsführerin von Die Linke.SDS (Sozialistisch-Demokratischer Studierendenverband). Im Kulturteil schreiben Autoren wie der im Ruhestand befindliche ehemalige Kino-Experte der Leipziger Volkszeitung, Hans-Dieter Tok, aus einer ostalgisch anmutenden Perspektive.
Das ist durchaus gewollt, gehört doch die Leserschaft mehrheitlich den Jahrgängen an, die den Großteil ihres Lebens in der DDR verbracht haben. So findet sich im Blatt wenig Überraschendes – weder an Themen, noch an Meinungen. Spannender wird es nur, wenn LEIPZIGS NEUE in die offene Auseinandersetzung, zum Beispiel mit einem NPD-Parteibüro in Leipzigs Westen, geht oder wenn Alltagsprobleme wie Parkplatzsorgen aufgegriffen und aus der linken Perspektive bewertet werden.

Ohne Frage: LEIPZIGS NEUE hält ihr im Zeitungskopf gegebenes Versprechen und vermittelt les- und nachvollziehbar linke Positionen. Allerdings: Es kommt beim Lesen hin und wieder der Verdacht auf, dass hier Menschen am Werke sind, die der „guten alten DDR“ öffentlich nachtrauern. Auf die Seiten gestreute Zitate wie das von Erik Neutsch: „Es muss doch jemanden geben, der an das Experiment Sozialismus erinnert und da nicht nur die Konflikte von Intellektuellen beschreibt“ verstärken diesen Eindruck.

-gl

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Schutz vor zu viel Stress im Job

Immer weiter, immer schneller, immer innovativer – um im digitalen Wandel mithalten zu können, müssen einzelne Journalist*innen wie auch ganze Medienhäuser sich scheinbar ständig neu erfinden, die Belastungsgrenzen höher setzen, die Effizienz steigern. Der zunehmende Anteil und auch Erfolg von KI-basierten Produkten und Angeboten ist dabei nur das letzte Glied in der Kette einer noch nicht abgeschlossenen Transformation, deren Ausgang vollkommen unklar ist.
mehr »

Für eine Handvoll Dollar

Jahrzehntelang konnten sich Produktionsfirmen auf die Bereitschaft der Filmschaffenden zur Selbstausbeutung verlassen. Doch der Glanz ist verblasst. Die Arbeitsbedingungen am Set sind mit dem Wunsch vieler Menschen nach einer gesunden Work-Life-Balance nicht vereinbar. Nachwuchsmangel ist die Folge. Unternehmen wollen dieses Problem nun mit Hilfe verschiedener Initiativen lösen.
mehr »

Tarifverhandlungen für Zeitungsjournalist*innen

Bereits Ende Mai haben die Tarifverhandlungen zwischen der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di und dem Zeitungsverlegerverband BDZV begonnen. Darin kommen neben Gehalts- und Honorarforderungen erstmals auch Regelungen zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) zur Sprache.
mehr »

Für mehr Konfrontation

Die Wahlen zum EU-Parlament endeten – nicht unerwartet – in vielen Mitgliedsstaaten mit einem Rechtsruck. In Frankreich, Italien, Österreich, Belgien, den Niederlanden und anderswo wurden eher euroskeptische, nationalistische, migrationsfeindliche Kräfte der extremen Rechten gestärkt. Auch in Deutschland haben 16 Prozent der Bürger*innen, mehr als sechs Millionen Menschen für die rechtsextreme, völkische AfD gestimmt – trotz NS-Verharmlosungen, China-Spionage und Schmiergeldern aus Russland. Immerhin sorgte die große Protestwelle der letzten Monate, die vielen Demonstrationen für Demokratie dafür, dass die AfD-Ausbeute an den Wahlurnen nicht noch üppiger ausfiel. Noch Anfang…
mehr »