Bußgeldverfahren gegen Hass im Netz

Foto: pixabay.com

Das seit 1. Januar 2018 geltende Gesetz gegen Hasskommentare im Netz war von Anfang an umstritten. Auch die dju in ver.di wies kritisch auf das Spannungsfeld zwischen Meinungsfreiheit und dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz hin. Eine erste Bilanz ergab nun, dass rund 1300 Bußgeldverfahren gegen Plattformanbieter eingeleitet worden sind. Ihnen werden Mängel bei der Umsetzung des  Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) vorgeworfen, wie das „Handelsblatt“ zuerst berichtete. Der überwiegende Teil richtete sich gegen das Beschwerdemanagement der Netzwerke.

Facebook, Twitter, Google & Co. sind dem Gesetz nach verpflichtet, für die Nutzer eine leicht erkennbare und einfach zugängliche Beschwerdemöglichkeit über rechtswidrige Inhalte vorzuhalten. Das war offenbar in 1167 vom Bundesamt der Justiz (BfJ) geprüften Fällen nicht der Fall. Mehr als erwartet, ursprünglich sei die Regierung von 500 Verfahren pro Jahr ausgegangen, heißt es in der Antwort der Bundesregierung auf eine entsprechende Frage des FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae aus dem Dezember 2019.

Andere Bußgeldverfahren betreffen die Pflicht zur Benennung eines Zustellungsbevollmächtigen (53), die Prüfung der halbjährlichen Transparenzberichte der sozialen Netzwerke auf ihre Vereinbarkeit mit den Vorgaben des NetzDG (25), die Meldewege der Plattformen (14) und die Reaktion der Netzwerke auf Auskunftsersuchen von Behörden (9).

Verhängt wurde bisher nur ein Bußgeld. Facebook soll zwei Millionen Euro zahlen. In dem Bußgeldbescheid vom Juli 2019 rügt das BfJ insbesondere, „dass im veröffent­lichten Bericht die Anzahl der eingegangenen Beschwerden über rechts­widrige Inhalte unvollständig ist. Dadurch entsteht in der Öffentlichkeit über das Ausmaß rechtswidriger Inhalte und die Art und Weise, wie das soziale Netzwerk mit ihnen umgeht, ein verzerrtes Bild.“ Zudem „ist das NetzDG-Formular zu versteckt“, heißt es. Facebook legte Widerspruch gegen den Bußgeldbescheid ein.

Im Bundesjustizministerium wird derzeit eine weitere Verschärfung des Gesetzes geplant. Danach sollen soziale Netzwerke bestimmte Posts künftig sofort dem Bundeskriminalamt (BKA) melden, die Löschung allein reiche nicht. Das umfasse Vorwürfe wie Neonazi-Propaganda, die Vorbereitung einer Terrortat, die Bildung und Unterstützung krimineller Vereinigungen, Volksverhetzung, Gewaltdarstellungen, aber auch die Billigung von Straftaten, Morddrohungen und die Verbreitung kinderpornografischer Aufnahmen. Hier drohen Bußgelder von bis zu 50 Millionen Euro.

 

 

Mehr auf M Online zum NetzDG:

https://mmm.verdi.de/medienpolitik/umstrittenes-netzgesetz-passiert-bundestag-42717

https://mmm.verdi.de/internationales/europa-gemeinsam-gegen-hass-im-netz-62537

 

 

https://mmm.verdi.de/beruf/untaugliches-mittel-47239

 

 

 

Weitere aktuelle Beiträge

Streik bei TikTok wird fortgesetzt

TikTok-Beschäftigte in Berlin legten heute ihre Arbeit nieder und fuhren mit einem Streikboot direkt an ihrer Geschäftsführung vorbei. Nachdem ver.di zum Streik aufgerufen hatte, waren zahlreiche Beschäftigte gefolgt. Es ist der erste Streik bei einer Social-Media-Plattform in Deutschland überhaupt, an dem sich rund 100 von ungefähr 400 Beschäftigten bei TikTok in Berlin beteiligten. Und es geht weiter: Für kommenden Montag ist bereits der nächste Streiktag geplant.
mehr »

Meta will sich nicht verpflichten

Kurz nach Veröffentlichung des freiwilligen KI-Verhaltenskodex hat Meta als erster Konzern entschieden, den Kodex der Europäischen Kommission nicht zu unterzeichnen. Der US-Konzern hinter Facebook und Instagram kritisiert den Vorschlag als rechtlich unsicher, überreguliert und innovationsfeindlich. Ein politisch bedenkliches Signal.
mehr »

Verhandlungen sind keine Selbstbedienung

Leider funktionieren Tarifverhandlungen nicht nach dem Supermarktprinzip, man kann nicht einfach ins Regal greifen und sich herausholen, was man sich wünscht. Am ehesten stimmt der hinkende Vergleich noch, wenn es ans Zahlen geht: Umsonst bekommt man nämlich auch bei Tarifverhandlungen nichts. Was auf der anderen Seite allerdings auch bedeutet: Hängt man sich richtig rein, dann lohnt sich das meistens.
mehr »

Tarifeinigung bei Tageszeitungen 

In der zehnten Verhandlungsrunde haben sich die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) in Hamburg auf einen neuen Tarifvertrag für Redakteur*innen bei Tageszeitungen geeinigt. Der Tarifeinigung waren bundesweit in 36 Verlagen und Redaktionen Streiks vorausgegangen, die zuletzt bis zu sechs Tage angedauert haben.
mehr »