„Der Beruf des Journalisten genießt in der Bundesrepublik ein hohes Ansehen, doch an der Unabhängigkeit der Journalisten hat die Mehrheit der Deutschen ihre Zweifel.“ Das ist das Fazit einer Umfrage des Kölner Instituts YuoGovPsychonomics und der Münchener Macromedia Hochschule. Es wirft zunächst die Frage auf, worin besteht dieses Ansehen?
Gehen wir davon aus, dass unabhängige Berichterstattung einer der Grundsätze von Journalismus überhaut ist, muss ein Widerspruch konstatiert werden. Dieser erhärtet sich, wenn lediglich 46 Prozent der Bundesbürger daran glauben, dass Journalisten wahrheitsgemäß berichten. 59 Prozent attestieren den Journalisten eine Beeinflussbarkeit durch die Interessen der Wirtschaft und durch die Politik. Allerdings glaubt nur jeder Zehnte, dass Journalisten für höhere Auflage und Quote Berichte selbst inszenieren. Die meisten gehen von „gewissenhaft recherchierten“ Beiträgen aus. Die Mehrheit ist davon überzeugt, dass Journalisten ihre „exponierten Stellung in der Gesellschaft“ ausnutzen, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen. So bescheinigen 93 Prozent der Befragten den Medien „eine große Macht auf die Meinung der Öffentlichkeit“ zu haben.
Was heißt das für die journalistische Profession? Wir haben es mit klugen Bürgern zu tun! Sie achten die exponierte Stellung und die Einflussmöglichkeiten der Medienleute. Letztlich erwarten sie daher auch Orientierung und Aufklärung, zwei weitere journalistische Grundsätze. Deshalb gestehen sie den Berufsausübern offenbar ein hohes Ansehen zu. Aber sie sehen ihnen auch kritisch auf die Finger. Schlechter Journalismus wird wahrgenommen! Auch dafür liefert die Umfrage einen weiteren beeindruckenden Beleg. Die auflagenstärkste deutsche Tageszeitung Bild (3,3 Millionen) landete in Bezug auf Glaubwürdigkeit auf dem letzten Platz. Nur 8 Prozent gaben hier ein positives Votum ab. Qualitätsjournalismus ist also nach wie vor gefragt. Es gilt darum zu ringen, trotz der finanzkriselnden und durchaus auch in dieser Branche gewinnorientierten „Umstände“.
Außerdem scheint es durchaus geraten, das Bild vom schillernden Journalistenberuf ein wenig zurecht zu rücken: Medienpolitik, Medienkompetenz und spezielle Probleme journalistischer Arbeitsbedingungen gehören mehr in den Fokus einer modernen kommunikativen Gesellschaft. Nicht zuletzt ist es erstaunlich, wenn der Umfrage zufolge „die wenigsten glauben“, dass Journalismus ein „anstrengender Beruf“ sei. Die Arbeit wird weniger anstrengend als beispielsweise die einer Hausfrau bewertet. Das unglaubliche zeitliche Druckpotenzial in diesem Job – vor allem in der tagessaktuellen Arbeit , nahezu rund um die Uhr gesellschaftliches Geschehen wahrzunehmen, einschätzen und verarbeiten zu können, die Bewältigung der globalen Informationsflut … sind sehr hohe Anforderungen, die diesen Beruf interessant, aber auch aufreibend machen. Die Veränderung der Redaktionswelten im Kommunikationszeitalter führt zudem zu ungesunden Folgen.