Wegen der Blockade der Beitragserhöhung greifen die öffentlich-rechtlichen Sender jetzt zu neuen Sparmaßnahmen. Einige Anstalten kündigen Tarifverträge, andere spitzen gleich den Rotstift für Programmkürzungen. Oder sie tun beides. Eines der ersten Programmopfer ist die Medienkritik. Das einzige TV-Medienmagazin „Zapp“ ist seit Januar nur noch einmal monatlich in NDR-Fernsehen zu sehen.
„Ab Januar 2021 ist ‚Zapp‘ mit Berichten und Reportagen aus der Welt der Medien verstärkt auf NDR.de, in der ARD-Mediathek, auf dem eigenen YouTube-Kanal und verschiedenen sozialen Netzwerken präsent“ – die Senderverantwortlichen beherrschen die Kunst, das Eindampfen eines Formats geradezu als Expansion zu verkaufen. Erst gegen Ende der Pressemitteilung wird verraten, dass „ausgewählte Netzbeiträge“ auch im „Zapp“-Magazin ausgestrahlt werden, an jedem dritten Mittwoch im Monat zur wie üblich höchst zuschauer“freundlichen“ Zeit „ab 23:20 Uhr“.
Der Versicherung, dass Medienkritik nicht nur in einer Fachsendung vorkomme, sondern in möglichst vielen Programmen, darf getrost misstraut werden. Wo spezielle Sendeplätze oder Ressorts abgeschafft oder ausgedünnt werden, nimmt die Sichtbarkeit des Themas im Programm ab. Die Kürzungen bei „Zapp“ sind kein Einzelfall. Beim notleidenden Saarländischen Rundfunk mutierte die wöchentliche „Medienwelt“ zum kostengünstigeren Podcast „Cross und Quer“. Deutschlandfunk Nova opferte den wöchentlichen Podcast „Was mit Medien“ einem, nun ja, lifestyligen Achtsamkeits-Format.
Wie andere Sender verfolgt auch der NDR eine negative „Doppelstrategie“: Er steigt aus dem Tarifvertrag aus u n d kürzt massiv am Programm. Dass der Etat der „Zapp“-Redaktion auf gut Dreiviertel des bisherigen Volumens eingedampft wird, stand offenbar schon länger fest. Hauptbetroffene im Sender sind selbstredend die Freien – sie müssen im Zeichen „crossmedialer Beschäftigung“ drastische Honorarkürzungen hinnehmen.
Auf der Strecke bleibt dabei auch ein wichtiger Teil des ohnehin defizitären Genres Medienkritik. Eines Genres, das in den Sendern seit jeher misstrauisch beäugt wird. Kritische Beschäftigung mit Journalismus und Medien – das zielt nicht nur auf Themen wie Lobbyismus, Pressekonzentration, Schleichwerbung oder Attacken auf die Pressefreiheit. Ernsthafte Medienkritik macht auch vor dem eigenen Sender nicht halt. Man denke an die Enthüllungen Volker Lilienthals über Product Placement in der ARD-Vorabendserie „Marienhof“ oder die jüngsten Auseinandersetzungen um öffentlich-rechtliche Satire. Genau, „meine Oma ist ne alte Umweltsau“.
Diese Art der Selbstreflexion ist bislang nahezu ein Alleinstellungsmerkmal der Öffentlich-Rechtlichen. Oder lässt sich in der „FAZ“ oder der „SZ“ nachlesen, wenn sie mal danebenlag? Von „Bild“ gar nicht erst zu reden. Springers Boulevard-Dreckschleuder verweigert seit über einem Jahr sogar beharrlich den Abdruck der Rügen, die der Presserat für ihre häufigen Verstöße gegen den Pressekodex verhängte.
Doch auch bei den Senderhierarchen ist kritischen Selbstreflexion nicht sonderlich populär. Da fällt dann oft der Begriff der „Nestbeschmutzung“. Eine solche Haltung kann sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht leisten, gerade in Zeiten, wo der gesellschaftliche Druck auf ihn bedrohlich wächst. Im Gegenteil: Wer von seinem Programmauftrag überzeugt ist, sollte jede Gelegenheit nutzen, sein Handeln selbstkritisch gegenüber dem Publikum zu erklären und zu verteidigen. Im Interesse der Rundfunkfreiheit.