Spargel mit Schlapphut

„Blutwurst und Hanswurst – Wettbewerber auf dem Viktualienmarkt“. Jede und jeder in der noch so entlegensten Redaktionsstube würde verwundert die Augen reiben, flatterte eine Einladung der Fleischerinnung mit solchem Veranstaltungstitel auf den Schreibtisch.

Ähnlich klingende Wortpaare haben mitunter rein gar nichts Gemeinsames. Und die Kunst der Synonymfindung ist sowieso eine Große. So ist dann auch die Einladung des Deutschen Fachjournalisten Verbandes zum diesjährigen „Berliner Spargelessen“ absolut preisverdächtig.
Die Damen und Herren Fachjournalisten treffen sich im feinen Hotel Adlon, um dem edlen Gemüse zu frönen. Die Festrede hält kein geringerer als Ernst Uhrlau, Chef des Bundesnachrichtendienstes (BND). Obwohl die Einladung mit 1. April datiert ist, handelt es sich nicht um einen Scherz: „BND und Medien – Wettbewerber auf dem Nachrichtenmarkt“. So steht es auch noch Ende April auf der Heimseite des fachlich versierten Verbandes, und darüber wird der erste Schlapphut der Republik reden – Pardon, Schlapphut ist jetzt ein ziemlich abgedroschenes Synonym für Geheimdienstler. Klar, Journalisten sind hin und wieder gezwungen, im Verborgenen zu arbeiten – neudeutsch heißt das investigativer Journalismus. Wenn wir uns schon mit diesem Unwort schmücken, sollten wir wenigstens den Schlapphut weglassen. Passiert dennoch Gegenteiliges, ist es in diesem Blatt zu lesen. So alt wie unser Beruf, ist das Ansinnen von Politik, Militär, Wirtschaft und Geheimdiensten, uns für ihre Zwecke einzubetten. Wer da zu viel Nähe sucht, darf sich nicht wundern, wenn er vor schierer Liebe irgendwann erdrückt wird.
So ist dann auch das Ansinnen des Fachjournalistenverbands, uns als „Nachrichtensammler“ mit denen des BND in einen Topf zu werfen, der Versuch, etwas in einen kausalen Zusammenhang zu bringen, was so gar nicht zusammen gehört. Was hat sich da der Herr Professor Doktor Siegfried Quandt – von Haus aus Historiker und nebenbei Präsident des Deutschen Fachjournalisten Verbandes –, nur dabei gedacht, als er zu dieser merkwürdigen Veranstaltung einladen lies? Der Teufel steckt wohl wie immer im Detail: Schlapphüte sind Angestellte im Öffentlichen Dienst und Journalisten üben ihren Beruf in der Öffentlichkeit aus. Das sollte auch der Herr Professor wissen: hier gibt es noch nicht einmal eine scheinbare Gemeinsamkeit! Oder ging nur die Phantasie mit ihm durch: zum Gemüse, das im Dunkeln wächst, passt ein Berufsstand, der im Dunkeln wirkt und die Journalisten sollen das gefälligst aufhellen.

Weitere aktuelle Beiträge

Vernetzte Frauen im Journalismus

Sich als Frau in einer Branche behaupten müssen, in der Durchsetzungskraft und Selbstbewusstsein entscheidende Faktoren sind: Für Generationen von Journalistinnen eine zusätzliche Belastung im ohnehin schon von Konkurrenz und Wettbewerb geprägten Beruf. Angesichts dieser Herausforderung sind Netzwerke und solidarische Bündnisse von großer Bedeutung. Der Journalistinnenbund (JB) hatte hierbei seit seiner Gründung im Jahr 1987 eine Vorreiterrolle inne. Sein Anliegen: Geschlechtergleichstellung in den Medien erreichen.
mehr »

In den eigenen Räumen etwas bewegen

Stine Eckert forscht zu Geschlechterkonstruktionen in den Medien am Institut für Kommunikationswissenschaft an der Wayne State University in Detroit. Ihr Buch „We can do better“ versammelt  „feministische Manifeste für Medien und Kommunikation“. Mit Ulrike Wagener sprach sie für M über die Verbindung zwischen Universitäten und Aktivismus und die Frage, wo Medien und Medienschaffende etwas verändern können.
mehr »

Von Drehtüren und Seitenwechslern

Seit gestern hat Deutschland eine neue Bundesregierung. Das Personalkarussell dreht sich - sowohl in der Politik als auch in der PR. Einige prominente Namen der künftigen Mannschaft von Bundeskanzler Friedrich Merz kommen aus dem Journalismus. Zu den spektakulärsten Seitenwechseln zählen die Personalien Stefan Kornelius und Wolfram Weimer. Kornelius, seit 2000 in leitender Funktion bei der Süddeutschen Zeitung, zuletzt als Ressortleiter Politik, tritt die Nachfolge von Steffen Hebestreit (SPD) als Regierungssprecher an. Mit Weimer wird gar ein Verleger („Business Punk“) und Publizist („Cicero“) und Ex-Focus-Chefredakteur neuer Staatsminister für Kultur und Medien.
mehr »

Rechtsextreme im Fernsehen

Durch meine Eltern habe ich Anstand und Respekt beigebracht bekommen. Daher missfällt es mir, Menschen nicht anzuhören, nur weil sie eine andere oder unliebsame Meinung vertreten. Das geht mir auch so bei der Frage, ob man Politikerinnen und Politiker der rechtsextremen AfD in TV-Talkshows einladen sollte. Ein grundsätzliches „Nein“ behagt mir nicht. Ein offenes „Ja“ kommt mir allerdings auch nicht über die Lippen, angesichts der AfD-Auftritte gerade im Vorfeld der jüngsten Bundestagswahl. Was also tun?
mehr »