Die Presse-Hintergrundgespräche der früheren Kanzlerin Angela Merkel müssen nicht mehr offengelegt werden. Mit diesem Urteil hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg am 8. Juni die Auskunftsklage eines „Tagesspiegel“-Journalisten abgewiesen. 2016 hatte er Informationen zu solchen Hintergrundgesprächen angefragt, seit 2017 versucht er sie einzuklagen. Jetzt heißt es, die Informationen zu den geführten Gesprächen seien mit dem Regierungswechsel nicht mehr vorhanden. Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di fordert seit Jahren ein Presseauskunftsrecht auf Bundesebene. „Das sei „längst überfällig“.
Der 6. Senat des Oberverwaltungsgerichts hat entschieden (Az.: OVG 6 B 1/21), dass die vom Kläger verlangten Informationen zum „maßgeblichen gegenwärtigen Zeitpunkt“ beim Bundeskanzleramt nicht vorhanden seien. In der Pressemitteilung heißt es weiter: „Informationen zu den Hintergrundgesprächen seien weder in Akten oder Vorgängen des Bundeskanzleramts dokumentiert noch bei im Bundeskanzleramt tätigen Personen abzufragen. Sämtliche Personen, die für das Bundeskanzleramt an den Hintergrundgesprächen teilgenommen haben könnten, seien im Zuge des Regierungswechsels ausgeschieden.“
„Journalistinnen und Journalisten brauchen umfassende Auskunftsansprüche gegenüber Bundesbehörden, um ihre Arbeit machen zu können. Eine entsprechende gesetzliche Regelung ist längst überfällig und wäre zudem problemlos möglich“, hatte Monique Hofmann, Bundesgeschäftsführerin der dju in ver.di, zum Regierungswechsel gefordert. Zumal es im Koalitionsvertrag der Ampel heißt: „Wir schaffen eine gesetzliche Grundlage für den Auskunftsanspruch der Presse gegenüber Bundesbehörden.“ Hofmann forderte die Bundesregierung auf, endlich das Versprechen umzusetzen, das bereits die schwarz-rote Regierung in ihrem letzten Koalitionsvertrag gegeben, aber nicht erfüllt hatte.
Das Kanzleramt organisiert immer wieder Treffen mit Medienvertretern zum informellen Austausch. Über den Inhalt ist Stillschweigen vereinbart. Der Kläger wollte unter Verweis auf den presserechtlichen Auskunftsanspruch Auskünfte zu Datum, Veranstaltungsort, Themen, Teilnehmern und den konkreten Inhalten aller im Jahr 2016 durchgeführten Hintergrundgespräche. Dazu erklärte das Gericht weiter, das „Bundeskanzleramt sei auch nicht verpflichtet zu ermitteln, welche weiteren bei ihm tätigen Personen potenziell in der Lage wären, hierzu Angaben zu machen.“
Ein vom „Tagesspiegel“ geführtes Eilverfahren in der Sache war 2017 vor dem Oberverwaltungsgericht gescheitert. Damals entschieden die Richter, für die öffentliche Information über die Hintergrundgespräche des Kanzleramts bestehe kein Eilbedarf, weshalb ein Hauptsacheverfahren zu führen sei. Aber erst im November 2020 hatte das Verwaltungsgericht der Klage in erster Instanz stattgegeben. Dieses Urteil ist nun aufgehoben worden. Eine Revision zum Bundesverwaltungsgericht wurde jetzt nicht zugelassen.