Die Soziologin Charlie Kaufhold hat Medienberichte über Beate Zschäpe analysiert und kommt zu einem kritischen Befund. Die Ergebnisse hat sie am 16. Dezember auf einer Veranstaltung in Berlin vorgestellt.
„Der Teufel trägt Prada“ titelte der Südkurier und die Bild-Zeitung textete „Der Teufel hat sich schick gemacht“. Die taz zitiert Nachbarn von Beate Zschäpe, die sie als Diddl-Maus bezeichneten. Die Soziologin Charlie Kaufhold hat sich in dem kürzlich erschienenen Buch (http://www.edition-assemblage.de/in-guter-gesellschaft/) „In guter Gesellschaft? Geschlecht, Schuld & Abwehr in der Berichterstattung über Beate Zschäpe“ mit dem medialen Bild der Hauptangeklagten des NSU-Verfahrens befasst. Für ihre Untersuchung hat Kaufhold Artikel aus der Süddeutschen Zeitung, der taz, Spiegel-Online und der Bildzeitung in zwei Zeiträumen analysiert, in denen Zschäpe besonders im Fokus der Medien stand. Sie konzentrierte sich bei der Medienanalyse auf den November 2011 nachdem der NSU aufgeflogen war und auf den Mai 2013, als der NSU-Prozess in München begann. In der übrigen Zeit beschränkte sich die Autorin auf eine stichprobenartige Auswertung der Zeitungen.
Mit der Auswahl der untersuchten Medien hat Kaufhold nicht nur verschiedene Zeitungsformate sondern auch Medien mit unterschiedlicher politischer Ausrichtung von konservativ bis linksliberal einbezogen. Kaufhold betonte, dass es bei allen Nuancen in der Berichterstattung doch erstaunliche Gemeinsamkeiten gibt. Zschäpe wurde entweder dämonisiert oder bagatellisiert. Bei beiden Darstellungen spiele das Geschlecht eine zentrale Rolle, betont Kaufhold, die in Berlin Genderstudies studierte. Die Studie ist eine erweitere Fassung ihrer Abschlussarbeit in diesem Studienfach.
Die Ausblendung der gesellschaftlichen Hintergründe des NSU gehört für Kaufhold zu den Folgen, einer medialen Berichterstattung über Zschäpe, in der sie schon begrifflich aus der menschlichen Gemeinschaft ausgeschlossen wird. „Wo von Teufeln geredet wird, kann von Rassismus und von rechten Strukturen in der Gesellschaft, die den NSU erst möglich machten, umso mehr geschwiegen werden“, kritisiert Kaufhold die politischen Effekte dieser medialen Dämonisierungsstrategie. Mit Zschäpe wird dann auch gleich der NSU insgesamt aus der deutschen Gesellschaft, in der er entstanden ist, ausgelagert. Dann braucht man sich auch nicht mehr die Frage zu stellen, wie er entstehen konnte und wie er trotz fürsorglicher Beobachtung verschiedener Geheimdienste solange unerkannt agieren konnte. Die Bagatellisierung Zschäpes erzeugt ähnliche Effekte. Da wurde bei Facebook darüber diskutiert, wie es wohl Zschäpes Katzen geht. Das scheint bei manchem User die zentrale Frage zu sein, seit Zschäpe immer wieder als Katzenliebhaberin dargestellt wurde.
Zschäpes Erklärung vor Gericht machte deutlich, dass sie selber die mediale Zuschreibung übernimmt und sich als Frau darstellt, die von den Morden des NSU immer erst hinterher erfahren haben will, die Taten so verabscheute, dass sie ihre Katzen sogar vernachlässigte und doch nicht von den beiden Uwes loskam, weil die dann mit Selbstmord drohten. Nun könnte diese Erklärung eine juristische Strategie sein, um sich als schwache Frau zu stilisieren und somit ein vorherrschendes Frauenbild zu benutzten. Wahrscheinlicher ist aber, dass das Frauenbild in rechten Kreisen und in großen der bürgerlichen Medienöffentlichkeit so unterschiedlich gar nicht ist. Denn es ist nicht nur Zschäpe, die sich als naive unwissende Frau darstellt. Die Medien haben solche Bilder schon vorher reichlich produziert.
Das Buch wurde noch vor der verlesenen Erklärung von Zschäpe im NSU-Prozess fertiggestellt. Es ist danach aber noch wichtiger geworden, weil es dabei helfen kann, die Bilder, die von Zschäpe in den Medien erzeugt werden, kritischer zu betrachten.