Keine Landtagsvertreter im Medienausschuss Mecklenburg-Vorpommern
Während die Arbeit der Rundfunkräte zuletzt stärker ins Blickfeld der Öffentlichkeit geraten ist, ist über die Landesmedienanstalten und deren Kontrollgremien wenig bekannt. Sandra Nachtweih ist Vorsitzende des Medienausschusses der Medienanstalt in Mecklenburg-Vorpommern und hat als solche mit dem privaten Rundfunk und hin und wieder auch mit Angeboten von Influencer*innen im Land zu tun. Mit M hat sie über die Aufgaben des MAMV, den Umgang mit Verstößen und die drohende Insolvenz der regionalen TV-Sender gesprochen.
M | Sie sind seit etwas mehr als einem Jahr Vorsitzende des Medienausschusses MV. Wie neu war diese Aufgabe für Sie?
Sandra Nachtweih | Der Medienausschuss in seiner jetzigen Form hat sich vor einem Jahr komplett neu gebildet, weil die Amtszeit der vorherigen Mitglieder abgelaufen war. Vielen Menschen ist nicht bewusst, dass es die Medienanstalten und Medienausschüsse überhaupt gibt. Ich muss gestehen, dass ich zuvor auch nicht mit dem Thema vertraut war, obwohl ich schon lange in der Kommunalpolitik aktiv bin.
Es fällt auf, dass in dem Medienausschuss MV die Staatsferne sehr ernst genommen wird. Anders als in anderen Bundesländern gibt es keine Vertreter*innen aus dem Landtag.
Sandra Nachtweih | Das Landesrundfunkgesetz legt fest, welche Organisationen die elf Mitglieder des Medienausschusses benennen. Vertreterinnen und Vertreter des Landtages sind hier nicht vorgesehen. Vorgegeben ist allerdings, dass die Organisationen abwechselnd einen Mann und eine Frau entsenden müssen. Da mein Vorgänger ein Mann ist, war klar, dass der Landkreistag MV nun eine Frau entsenden musste – also mich. Es bleibt aktuell auch ein Platz unbesetzt, weil in den entsprechenden Organisationen kein Mann für den Posten zur Verfügung stand.
Als Medienausschuss sind Sie zuständig für die Aufsicht über den privaten Rundfunk in MV. Was genau sind die Aufgaben des Gremiums?
Beispielsweise beschließen wir den Haushalt der Medienanstalt. Ein wichtiges Thema ist die Vergabe von Zulassungen für private Rundfunkveranstaltende sowie von Zuweisungen von Übertragungskapazitäten für den Rundfunk, die Frequenzen sind ja begrenzt. Zurzeit beschäftigt uns die Umstellung von UKW auf DAB+. Es wird ein Vergabeverfahren für einen privaten DAB+-Multiplex, das ist eine technische Verbreitungsplattform, vorbereitet, um künftig mehr private Programme über DAB+ auszustrahlen. Aufgabe des Ausschusses ist es, die jeweiligen privaten Radioprogramme auszuwählen und dafür zu sorgen, dass die Medienvielfalt im Rundfunk erhalten bleibt. Dabei ist es wichtig, dass auch den kleineren Sendern die Umstellung gelingt.
Inwiefern spielen rechtliche Verstöße eine Rolle für Ihre Arbeit?
Damit haben wir durchaus auch zu tun, obwohl das Erkennen von Verstößen zunächst Aufgabe der Geschäftsstelle der Medienanstalt ist. Da geht es zum Beispiel darum, dass Werbung nicht wie vorgeschrieben gekennzeichnet ist. Wenn eine Ordnungswidrigkeit festgestellt wird, setzt sich der Ausschuss mit dem konkreten Verstoß auseinander und entscheidet über die Höhe des Bußgelds.
Wie oft kommt so etwas vor?
Verstöße hatten wir jetzt erst zwei in einem Jahr, aber immerhin. Das Thema ist nicht ohne, denn man greift in die Rechte der Medienmacher ein. Und wir sind ja nicht nur für den privaten Rundfunk zuständig, also für Radio und Fernsehen, sondern auch für Social Media – also für jene Inhalte, die in Mecklenburg-Vorpommern produziert werden.
Das heißt, es geht beispielsweise auch um Angebote von Influencer*innen?
Ja, aber im Gegensatz zu anderen Bundesländern ist deren Anteil bei uns überschaubar. Es gibt zum Glück mittlerweile KI, die dabei hilft, Verstöße zu erkennen. Und die Mitarbeiter*innen der Medienanstalt überprüfen die Inhalte stichprobenartig. Dabei wird die Pressefreiheit selbstverständlich großgeschrieben, aber in Fällen von Volksverhetzung beispielsweise würde die Medienanstalt aktiv werden.
Ein Bestandteil der Medienlandschaft in MV sind die privaten lokalen TV-Sender. Laut Zahlen der Medienanstalt werden sie von den Zuschauer*innen gern angenommen. Doch vielen Sendern geht es wirtschaftlich nicht gut.
Das Privatfernsehen beschäftigt uns aktuell intensiv. Durch die vielen Krisen der vergangenen Zeit sind die Werbeaufträge der TV-Sender so massiv zurückgegangen, dass nahezu alle privaten Fernsehstationen Insolvenz anmelden müssten. Wir als Medienausschuss finden es wichtig, dass es für die Medienvielfalt im Land neben dem NDR als öffentlich-rechtlichem Rundfunk auch private und regionale TV-Angebote gibt. Deswegen haben wir uns beim Landtag dafür eingesetzt, dass den TV-Stationen Mittel zur Verfügung gestellt werden. Dieses Jahr bekommt die Medienanstalt dafür 350.000 Euro, mit dem Ziel, eine Insolvenz der Sender zu verhindern.
Zu den Aufgaben des Medienausschusses gehört außerdem die Förderung der Medienkompetenz. Was genau machen Sie in diesem Bereich?
Bei der Medienbildung hat der Medienausschuss im Gegensatz zur Medienaufsicht relativ viel Gestaltungsraum. In MV gibt es die Mediatope, die früher als Offene Kanäle bekannt waren. Dort kann man auch heute noch Radio und Fernsehen machen. Aber mittlerweile spielt auch hier die Medienbildung eine immer größere Rolle. Deshalb gibt es Medienpädagogen, die zum Beispiel mit Schulen und Vereinen arbeiten, um die Medienkompetenz zu fördern. Als Medienausschuss beschäftigen wir uns mit diesen Projekten und Kooperationen. Wir schauen uns die einzelnen Projekte genauer an, bewerten sie und entscheiden über Kooperationsverträge oder Zuwendungen.
Was könnte in Ihren Augen in Bezug auf den privaten Rundfunk in MV besser laufen?
Was ich manchmal mit Sorge sehe, sind die unseriösen Medieninhalte vor allem im digitalen Raum, aus denen sich gerade jüngere Leute oft ihre Informationen holen. Da ist es dann egal, ob das ordentlich recherchiert ist oder nicht. Ich denke, das ist auch eine Aufgabe für die privaten Anbieter, stärker dahinzugehen, wo das junge Publikum ist. Mit linearem Fernsehen, also bestimmten Sendungen zu bestimmten Uhrzeiten, erreicht man die nicht mehr. Wenn man sich nicht stärker nach den Bedürfnissen der Jüngeren richtet, überlässt man anderen das Feld. Lokale Nachrichten auf Tik Tok zu vermitteln, ist wahrscheinlich nicht ganz einfach. Aber man muss sich damit auseinandersetzen.
Der Medienausschuss Mecklenburg-Vorpommern (MAMV) ist das Kontroll- und Entscheidungsgremium der Medienanstalt des Landes.
Der MAMV besteht regulär aus elf Mitgliedern, die von verschiedenen Organisationen entsandt werden. Vertreten sind unter anderem der Künstlerbund MV, die Kirchen und der Verband der jüdischen Gemeinden, die Gewerkschaften und der Beamtenbund, der Bauernverband und der Landesjugendring. Die Vorsitzende Sandra Nachtweih wurde vom Landkreistag MV benannt.
Laut Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag bekommen die Landesmedienanstalten einen Anteil von 1,8989 Prozent des Rundfunkbeitrags. Für die Medienanstalt MV sind das jährlich etwa 2,9 Millionen Euro.
Die Medienanstalt MV ist zuständig für den privaten Rundfunk und digitale Inhalte in MV. Insgesamt 17 Medienunternehmen besitzen zurzeit eine Zulassung der Medienanstalt MV und verbreiten insgesamt 21 kommerzielle und nicht kommerzielle Fernseh- und Hörfunkprogramme. Dazu gehören Ostseewelle Hit-Radio Mecklenburg-Vorpommern, 80s80s Radio und Radio Paradiso sowie Fernsehprogramme wie TV Rostock, Rügen TV und MV1.