Buchtipp: Startklar in Deutschland

Foto:123rf

Kriege und Krisen zwingen immer mehr Journalist*innen, ihr Heimatland zu verlassen. Sie können mit ihrer Berufserfahrung, spezifischem Wissen und neuen Perspektiven frischen Wind in deutsche Medien bringen, wenn sie hier Arbeitsmöglichkeiten finden. Eine neue Publikation bietet ihnen nun die notwenigen Informationen für den Berufseinstieg – mit einem Überblick über das deutsche Mediensystem, Praxis-Tipps zur journalistischen Arbeit und zum Umgang mit Diskriminierungen.

Die gut lesbare 44seitige Broschüre wurde von den „Neuen deutschen Medienmacher*innen“ (NdM) zusammen mit dem europäischen Journalist*innen-Netzwerk „n-ost“ und dem Berufsverband freier Journalisten und Journalistinnen „Freischreiber“ entwickelt. Sie gliedert sich in vier Teile: die Medienlandschaft, das Organisatorische, die Fairness und Linktipps.

Wie gelingt der Neustart im Beruf?

Im Guide werden die Leser*innen persönlich angesprochen und durch Stimmen von erfahrenen Journalist*innen ermutigt, die erzählen, wie sie den Neustart in den Beruf geschafft haben. „Die größte Herausforderung für mich war, in einer Redaktion anzukommen und zu zeigen, dass ich gut arbeiten kann, obwohl ich eine Geflüchtete bin“, so Arezao Naiby aus Afghanistan, die jetzt beim WDR arbeitet. Über verschiedene Praktika habe sie „Leute kennengelernt, die wirklich nett und hilfsbereit waren. Überall gibt es solche Menschen. Es lohnt sich, diese Kolleg*innen anzusprechen. Nutzt diese Gelegenheit immer schnell und zeitnah. Außerdem: Schätzt eure eigene Erfahrung und nutzt eure Sprachkenntnisse.“

Nach einem Überblick über die „Medienlandschaft“ mit Presse, Rundfunk und Internet, wird die Gliederung nach Ressorts in einzelnen Medienhäusern erläutert. Im Kapitel „Organisation“ gibt es Ratschläge für die Arbeit von freien Journalist*innen. Dort geht es um die Akquise von Aufträgen und wie man am besten Themen anbietet. Checklisten sind in Kästen hervorgehoben. So erfahren die Leser*innen, welche Stellen von Chefredaktion bis Buchhaltung es in einer Redaktion oder welche Voraussetzungen für ein Visum zur selbstständigen Tätigkeit nötig sind oder wie man erfolgreich Honorarverhandlungen führt.

Umgang mit Diskriminierung

Im dritten Teil „Fairness“ geht es um den Umgang mit Diskriminierungen, die Journalist*innen mit Migrationsgeschichte an ihrem Arbeitsplatz immer wieder erleben. So werden sie etwa „wegen ihrer Hautfarbe, ihres Namens oder Akzents zur Zielscheibe dummer Sprüchen und Scherze“. Es gebe keinen Königsweg, sich dagegen zu wehren, aber ihre Diskriminierungsschutzrechte sollten sie kennen und wissen, wo sie Unterstützung und professionelle Hilfe finden. Außerdem erfahren Betroffene in Bedrohungslagen, etwa durch Hatespeech im Netz, wie sie sich verhalten können.

Die Linktipps am Ende des Guides runden den Infoteil mit Hinweisen auf Hilfen sowie Vernetzungs-, Förder- und Weiterbildungen ab. Inhaltlich bietet er nicht nur für neu ankommende Journalist*innen wertvolle Detailinformationen, sondern auch für diejenigen, die schon länger in Deutschland leben. Wer wusste schon, dass freie Journalist*innen 7 Prozent Umsatzsteuer in Rechnung stellen dürfen, aber nur 2,2 Prozent ans Finanzamt zahlen müssen?


„Startklar – Was man als freie:r Journalist:in wissen sollte, wenn man neu in Deutschland ist“, hrsg. von Neue deutsche Medienmacher*innen zusammen mit n-ost und Freischreiber, 2023. Kostenloser Download der Broschüre in Deutsch, Englisch, Russisch, Ukrainisch, Persisch und Arabisch DOWNLOAD

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Für ein digitales Ökosystem

Markus Beckedahl, Journalist und Gründer des Online-Portals www.netzpolitik.org, erkennt  im System des öffentlich-rechtlichen Rundfunk den Ort, wo alternative digitale Infrastrukturen gut entwickelt werden können.
mehr »

Rechte Influencerinnen im Netz

Rechtextremismus und rechte Parolen verbinden viele Menschen automatisch mit testosterongesteuerten weißen Männern. Diese Zielgruppe füttert AfD-Politiker Maximilian Krah mit simplen Parolen wie: „Echte Männer sind rechts.“ Das kommt an bei Menschen, die im Laufe der Zeit irgendwann beim „Gestern“ stecken geblieben sind. Inzwischen verfangen solche rechten Klischees auch bei Frauen. Vor allem im Internet.
mehr »

KI macht Druck auf Suchmaschinen

Die Künstliche Intelligenz frisst den Traffic: Das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) meldet massive Einbrüche bei der Suchmaschinen-Nutzung aufgrund von Chatbots bei Google oder ChatGBT. Weil viele Nutzer*innen sich mit den Zusammenfassungen von KI zufrieden geben, klicken sie nicht mehr weiter zu den Websites, von denen die Informationen bezogen werden.
mehr »

Neue Europäische Medienplattform

Es ist ein sehr anspruchsvolles Projekt, das der deutsche Kultur- und Medienstaatsminister Wolfram Weimer und seine französische Amtskollegin Rachida Dati auf den Weg bringen: die Entwicklung einer europäischen Medienplattform. Im Zentrum soll dabei das Internet-Angebot des deutsch-französischen Kulturkanals Arte stehen, dass zu einer solchen Medienplattform mit bis zu 24 Sprachen ausgebaut werden soll.
mehr »