Digitale Souveränität ist möglich

Mastodon: Eine echte Alternative zu gewinnorientierten Portalen. Bild: Mastodon

Markus Beckedahl, Gründer des Zentrums für Digitalrechte und Demokratie, erklärt im epd-Podcast „Läuft“, warum eine grundlegende Unabhängigkeit von großen, meist US-amerikanischen Technologiekonzernen wie Google, Meta oder X wichtig und nötig ist – und vor allem: wie sie möglich ist. Digitale Souveränität, so Beckedahl, bedeutet nicht Isolation oder technologische Autarkie, sondern die Freiheit, selbstbestimmte Entscheidungen im digitalen Raum zu treffen.

Die Debatte um die vor allem US-amerikanischen Tech-Riesen, die zentrale digitale Infrastrukturen kontrollieren, läuft. Mit Donald Trumps zweiter Amtszeit hat sie Aufwind bekommen und die Kritik an Big-Tech-Konzernen ist deutlich: Ihre Algorithmen und Geschäftsmodelle folgen Profitinteressen, oft auf Kosten von Transparenz und demokratischer Teilhabe.

Der medienpolitische Pionier Markus Beckedahl geht davon aus, dass wir ein „Momentum haben, wo große Teile der Gesellschaft und große Teile der Politik realisieren, dass wir uns von digitalen Infrastrukturen abhängig gemacht haben, wo wir gar nicht genau wissen, wie sie funktionieren“. Diese lägen in der Hand von Unternehmen liegen, „denen wir nicht vertrauen können“. Es gehe, so Beckedahl darum, auf individueller Ebene, aber auch auf gesellschaftlicher und politischer Ebene Ideen zu entwickeln, „wie wir da wieder rauskommen“ beziehungsweise rauskommen wollen.

Öffentlich-rechtliches Internet

Ein zentrales Ziel digitaler Souveränität ist für Beckedahl die Förderung offener Standards und interoperabler Systeme. Das heißt: Nutzerinnen und Nutzer sollen ihre Daten portabel zwischen Plattformen bewegen können, im Sinne von „offenen Ökosystemen“. Weiterhin gehörten Nachhaltigkeit, Transparenz und der verantwortungsvolle Einsatz von Technologien wie KI und eine medienpolitische Neuausrichtung dazu.

Statt sich auf wenige, kommerziell getriebene Plattformen zu verlassen, brauche es gemeinwohlorientierte, dezentrale Alternativen – etwa im Sinne eines „öffentlich-rechtlichen Internets“. Hier sieht Beckedahl besonders den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in der Pflicht, neue Rollen einzunehmen, zum Beispiel als Anbieter oder Förderer offener Plattformen.

Zwar existieren auf EU-Ebene Regulierungen wie die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) oder der Digital Services Act (DSA), doch mangelt es an konsequenter Durchsetzung – unter anderem, weil Aufsichtsbehörden politisch befangen oder personell unterbesetzt sind. Gleichzeitig, sagt Beckedahl, fehle es an politischem Mut, Sanktionen gegen die Digitalkonzerne durchzusetzen – nicht zuletzt aus geopolitischen Rücksichten gegenüber den USA.

Doch digitale Souveränität ist nicht nur eine Aufgabe der Politik, sondern auch eine individuelle Kompetenz. Jede*r Einzelne sollte verstehen und bewerten können, was es bedeutet, persönliche Daten einer Plattform anzuvertrauen, welche Abhängigkeiten dadurch entstehen und wie Alternativen aussehen können. Zwar ist die Benutzerfreundlichkeit dezentraler Dienste heute oft noch ein Hindernis, doch durch gezielte staatliche Förderung – etwa in Open-Source-UX-Design – könnten hier wichtige Fortschritte erzielt werden.

Staaten in der Pflicht

Konkrete Maßnahmen sieht Beckedahl in der Pflicht des Staates: Öffentliche Stellen und Medien sollten auf dezentralen Plattformen wie Mastodon kommunizieren. Die Vergabepolitik für Software muss Open Source als Standard behandeln, nicht als Ausnahme. Und öffentlich finanzierte Software – so die Forderung – sollte grundsätzlich frei und offen zugänglich sein, denn: „Public Money, Public Code“.

Digitale Souveränität ist für Beckedahl keine nationalistische Gegenbewegung zur Globalisierung, sondern der Versuch, eine wirkliche Alternative zu denken und letztlich eine globale, aber gerechtere und kontrollierbare digitale Welt zu schaffen. Open-Source-Systeme seien effizienter, demokratischer und nachhaltiger, weil sie Unabhängigkeit ermöglichen und auf Vielfalt statt Monopolstrukturen setzen. Das Ziel ist als Gesellschaft die Kontrolle über die eigenen digitalen Infrastrukturen zurückzugewinnen – durch politische Weichenstellungen, individuelle Kompetenz und die gezielte Förderung demokratischer Alternativen.

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