Erneut richtete sich der Protest von Gegnern der Corona-Politik direkt gegen die Medien. Einige Hundert Demonstranten versammelten sich am Montagabend vor dem ZDF-Hauptstadtstudio in Berlin und skandierten „Lügenpresse“ und andere Beschimpfungen. Eine Polizeikette musste das Gebäude des ZDF schützen. „Mit Fassungslosigkeit haben wir von den gestrigen Ereignissen vor dem Hauptstadtstudio des ZDF erfahren. Seit Monaten hält eine Minderheit die Gesellschaft in Atem. Dem müssen wir uns entgegenstellen. Das geschieht vielerorts bereits von jenen, die sich an die derzeitigen Regeln halten, um diese Pandemie endlich zu überwinden. Aber die gestrigen Attacken gegen Medienvertreter zeigen, dass wir dabei nicht nachlassen dürfen“, erklärte Thomas Wagner von ver.di im ZDF.
Auch in anderen Stadtgebieten Berlins gab es Aufmärsche von Corona-Leugnern und Medienhassern, die nach Polizeiangaben jedoch weitgehend friedlich verliefen. Bundesweit haben gestern zehntausende Menschen gegen die geltenden Corona-Maßnahmen und eine drohende Impfpflicht demonstriert. „Dabei kam es in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Hessen zu Ausschreitungen gegenüber Einsatzkräften und Beamten. Vielerorts gab es zahlreiche Aufzüge von Gegendemonstrationen“, berichtet der „Tagesspiegel“. Die Veranstalter bezeichneten ihre zum Teil nicht angemeldeten Demonstrationen als „Montagsspaziergänge“, wie in entsprechenden Messenger-Kanälen, vor allem bei „Telegramm“, zu lesen war und wie eine Polizeisprecherin gegenüber dpa bestätigte.
Die Demo in Berlin-Mitte begann am Alexanderplatz, zog zum ZDF für die Kundgebung und endete wieder am Alex. Der Anmelder Eric Graziani, Gründer der rechtsextremen Splittergruppe „Patriotic Opposition Europe“, habe in seiner Rede gesagt, er wünsche sich, dass „die Presse zum Schweigen gebracht wird“. Im Nebensatz habe es dann geheißen: „Natürlich friedlich“, berichtet turi2. Politikwissenschaftlerin Katharina Nocun habe auf Twitter erklärt, dass es Verschwörungsideologen nie um Meinungsfreiheit gehe, sondern darum, „jegliche Kritik von außen durch gezielte Einschüchterung, Drohungen und Attacken mundtot zu machen“. Würden sich diese Gruppen durchsetzen, „wäre dies das Ende der Pressefreiheit“, zitiert turi2. Ippen-Investigativ-Chefredakteur Daniel Drepper findet es „ziemlich unfassbar, dass Redaktionen in diesem Land mittlerweile wieder durch Polizeiketten geschützt werden müssen“.
Seit Anfang 2020 haben die Angriffe von Corona-Leugnern – oft gepaart mit Vertretern der rechten Szene und der AfD – auf Medienschaffende in Deutschland zugenommen. Ein Beispiel: Aktionen gegen den SWR Anfang 2020. M berichtet über Attacken gegen Journalist*innen, die lange nicht mehr nur verbal stattfinden.