„“Wozu in die Gewerkschaft, ich bin doch in der Barmer!“

Die dju möchte mehr Studentinnen und Studenten als Mitglieder gewinnen

Seit einem Jahr wird quer durch Deutschland an Hochschulen und anderen Ausbildungsstätten für Journalismus die Werbetrommel für die dju gerührt. Es ist nicht zu leugnen: Vielerorts hat der DJV die Nase vorn, und nicht selten sind die angehenden Journalisten und Journalistinnen bereits dem Konkurrenzverband der dju beigetreten, bevor sie überhaupt von dieser gewerkschaftlichen Berufsvertretung gehört haben. Auf einer Konferenz in Berlin zogen die am dju-Hochschulprojekt Beteiligten Mitte November Bilanz. Inzwischen ist das von ver.di finanzierte Projekt um ein Jahr verlängert worden.

Die Studenten und Studentinnen von heute sind anders als die von früher, war man sich im gemeinsamen Erfahrungsaustausch schnell einig. Warum auch nicht, das gehört sich schließlich so. Zielstrebiger sind sie – allerdings mit der Tendenz, im Haschen nach einem Karrierezipfel manches vorschnell als unnötigen Ballast abzutun: Ethische Fragen des Journalismus, die Gender-Debatte, Tarif- und Urheberrecht. Für viele von jenen, die heute in der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten Union (dju) aktiv sind, und die ihr berufliches Selbstverständnis in den Auseinandersetzungen um den Volontär-Tarifvertrag geschärft haben, mag dies verwunderlich sein. Trotzdem ist es ein Faktum: So mancher Student und manche Studentin hat von Gewerkschaften kaum etwas gehört, und warum er einer beitreten soll, weiß sie schon gar nicht: „Wozu soll ich in die Gewerkschaft, ich bin doch in der Barmer!“, lautete eine aussagekräftige studentische Antwort.

Serviceleistungen auch für Freiberufler

Die dju hat Vieles zu bieten, beispielsweise gute Serviceleistungen für den Weg in die Ich-AG. Gerade Leuten aus den Medienberufen, die vielfach freiberuflich arbeiten oder häufig Auftraggeber und Betätigungsfeld wechseln, kann die Gewerkschaft beratend unter die Arme greifen. So individuell sich solche Arbeit oft gestaltet, erfolgreich wird sie nur bewältigen, wer sich in Netzwerke einbindet. Und da bietet die Gewerkschaft eben nicht nur die begehrten und ohne Zweifel wichtigen „Dienstleistungen“ wie Presseausweis und Rechtsschutz, sondern auch Weiterbildung, Teilhabe an gesellschaftlichen Diskussionsprozessen und Durchsetzungskraft in tariflichen Auseinandersetzungen. Und nicht zuletzt, so die Erfahrung vieler Aktiver, schätzen Arbeit- und Auftraggeber eben auch die sozialen Kompetenzen von Leuten, die in Gewerkschaften aktiv sind.

Großes Interesse

Doch einfach ist es nicht, dies an den Hochschulen, Fachhochschulen und Akademien, die Medienleute ausbilden, zu vermitteln, das haben Susanne Stracke-Neumann und ihr Team im Verlaufe eines Jahres erfahren. Zum Teil liegt dies auch an der hohen Fluktuation der Lehrtätigen im akademischen Bereich, die einen konstanten Aufbau von Kontakten erschwert.

Eines hat sich jedoch gezeigt: Überall dort, wo die dju an den Hochschulen Gesicht zeigt, in Diskussions- und Informationsveranstaltungen mit „greifbaren“ Personen auftritt, stößt sie auf großes Interesse.

Persönliche Begegnungen

Zahlreiche solcher Veranstaltungen hat Susanne Stracke-Neumann mit Journalisten und Journalistinnen der dju, Mediensekretärinnen und -sekretären (mit)organisiert oder vermittelt, beispielsweise in Paderborn, Duisburg, Würzburg, Marburg, Bayreuth, Berlin, Bremen, Darmstadt, Passau, Bonn und Augsburg. Auf große Resonanz stieß auch die mit Ralf Steinle von connexx.av an der Uni Leipzig veranstaltete Podiumsdiskussion über die Berufschancen im Medienbereich, für die dju-Bundesvorstandsmitglied Holger Wenk aus Berlin und Mediensekretär Dieter Seifert aus Nordrhein-Westfalen gewonnen wurden. Persönliche Begegnungen sind eben nachhaltiger als ausgelegtes Infomaterial. Erfolgreich war auch die Präsenz der dju auf den Landesjugendmedientagen. Und Klaus Schrage koordiniert mit den Universitäten Passau und Eichstätt den Aufbau eines Internet-Forums für Medienstudiengänge in Bayern, das Studenten der Münchner Medienakademie als Projekt durchführen. Ende des Sommersemesters 2003 soll das Gemeinschaftsprojekt, das verschiedene Institutionen und Akteure verbindet, online gehen.

Patenschaften vor Ort

Auf der Konferenz wurde nun beschlossen, die weitere Arbeit zunächst auf zehn wichtige journalistische Ausbildungsstätten zu konzentrieren und von dort gegebenenfalls in die Fläche zu gehen. Diesen Hochschulen wurden „Paten“ zugeteilt, die vor Ort Kontakt halten und die Arbeit koordinieren werden. Zusätzlich wurde ein Steuerungskreis ins Leben gerufen, der im vierteljährlichen Rhythmus zusammen mit Susanne Stracke-Neumann den Stand des Projekts und die weiteren Schritte diskutieren soll. Ihm gehören Heike Englisch, Peter Giefer, Rainer Jogschies, Joachim Kreibich und Burkhard Rexin an. Auch in Zukunft wird es darum gehen, das bereits teilweise verwirklichte Expertennetzwerk, mit dem die dju an den Hochschulen Flagge zeigt, auszubauen und den Aufbau von Hochschulgruppen zu fördern, in denen die Studenten selbst aktiv sind. Im ersten Jahr des Projekts wurde das Terrain der Universitäten, Fachhochschulen und Medienakademien ausgelotet; im zweiten wird es darauf ankommen, die dju dort dauerhaft zu verankern.

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