Fair Radio

Wer das Radio einschaltet, glaubt Authentisches zu hören

Mitunter klafft jedoch eine Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Oft wird etwas vorgegaukelt! Die Fair Radio Initiative sammelt Beispiele.

Man nehme ein vorher aufgenommenes Interview mit einem Rockstar, mit einem VIP, einem Promi, stelle dieses ins digitale Schneideprogramm und bearbeite es dann so, dass ein vollkommen neues Live-Interview herauskommt. Diesen neuen und aktuell zu hörenden Radio-Trend haben öffentlich-rechtliche Rock- und Popmusik-Radios erfunden. Kein Witz!
In z.B. zwei bundesweit führenden Rockradios führten durchaus prominente und beliebte Moderatoren Interviews mit prominenten Stars und taten dabei so als wären diese live. Auch wenn es selbst für Radioprofis schwer zu hören ist und herauszufinden war. Diese Interviews waren auseinandergeschnitten und für das angebliche Livegespräch wieder so bearbeitet, dass es in der Gesprächs-Komposition mit dem Moderator live klang. In der Fair Radio Initiative ist – seitdem wir dieses Vorgehen zur Diskussion gestellt haben – eine kontroverse Diskussion über diese „Live Fakes“ (wie wir sie nennen) entbrannt. Jüngere finden die Fakes sehr lustig und Fun, egal ob live oder nicht live. Das sei modernes Radio. Viele oft ältere sehen darin kurzum und deutlich einen „Hörerbetrug“. Während die Programmmacher in den Rockradios den neuen Trend sicher auch lustig und Fun finden, darf durchaus in diesem Zusammenhang die Frage gestellt werden, wo bei solchen Vorgehens- und Sendeweisen der Fun aufhört und die Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit des Radios gegenüber seinen Hörern beginnt. Sind wirklich alle digital möglichen Radiomittel erlaubt, um die Quote zu erhöhen? Müssen wir Radiomacher wirklich immer wieder täglich das Radio mit neuen, oft durchaus zu hinterfragenden Ideen erfinden, um unseren Hörern zu beweisen, wie toll wir sind? Müssen wir Live-Interviews mit Promis „erfinden“, um zu zeigen wie nahe wir an ihnen dran sind? Reicht es nicht, wenn wir durch Qualität, durch für den Hörer nachvollziehbare Interviews und Aktionen überzeugen? Sollten nicht Live -Interviews wirklich live sein und nicht „live gefaked“?
  Seiwert-Fauti 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Nicaraguas bedrohte Medien

Die Diktatur des nicaraguanischen Präsidentenpaars Daniel Ortega und Rocio Murillo hat in den letzten Jahren immer mehr Journalist*innen ins Exil getrieben. Unter erschwerten Bedingungen berichten Menschen wie Lucía Pineda vom Nachrichtenkanal "100% Noticias" oder Wendy Quintero nun aus dem Ausland. Für diese Arbeit nehmen sie stellvertretend für viele andere am 26. November 2024 den Menschenrechtspreis der Friedrich-Ebert-Stiftung entgegen.
mehr »

KI beinflusst Vielfalt in den Medien

Künstliche Intelligenz kann journalistische Texte in verschiedene Sprachen übersetzen und damit viel mehr Nutzer*innen ansprechen. Gleichzeitig kann sie aber auch Stereotype, die in diesen Texten enthalten sind, verfestigen. Gefahren und Chancen von KI-Anwendungen im Journalismus standen im Fokus der diesjährigen NxMedienkonferenz der Neuen deutschen Medienmacher*innen (NdM), die sich für mehr Vielfalt in den Medien einsetzen.
mehr »

Fakten for Future

Menschen jeden Alters machen sich Sorgen um die Zukunft unseres Planeten. Carla Reemtsma ist Klimaschutzaktivistin und Mitorganisatorin des Schulstreiks Fridays for Future („Klimastreik“) in Deutschland. Als Sprecherin vertritt sie die Bewegung auch in der medialen Öffentlichkeit. Wir sprachen mit ihr über Kommunikationsstrategien, Aktivismus und guten Journalismus.
mehr »

Öffentlichkeit ohne Journalismus

Schwindende Titel, schrumpfende Redaktionen, immer geringere Abonnentenzahlen – dass gerade der Lokaljournalismus vielerorts unter Druck steht, ist nicht neu. Doch was bedeutet das für die lokale Öffentlichkeit, die inzwischen von vielen selbstbewussten Medien-Akteuren mitgestaltet wird? Eine aktuelle Studie der Otto-Brenner-Stiftung beschäftigt sich mit genau dieser Frage.
mehr »